Heretoir - Nightsphere

Review

Erst zu Release der EP “Wastelands“ im Mai haben wir uns darüber beschwert, dass ein bisschen mehr neues Material schön gewesen wäre – und bekommen unseren Wunsch direkt erfüllt. Mit “Nightsphere“ veröffentlichen HERETOIR ihr erstes volles Album seit 2017. Außerdem ist es das erste Album, an dem alle Bandmitglieder mitgewirkt haben. “Nightsphere“ ist ein Konzeptalbum, auf dem es um den Kampf zwischen Natur und Technologie geht und dessen Lieder den Geistern der Wildnis gewidmet sind.

HERETOIR finden ihren eigenen Sound

Das Album beginnt mit “Sanctum – Nightsphere Part I“ mit ruhigen, introvertierten Gitarrenklängen, die bald um gefühlvollen Klargesang ergänzt werden, bei dem das lyrische Ich des Albums seinen Gefühlen über den aktuellen Zustand der Welt und seinen Erinnerungen an frühere, naturverbundenere Zeiten Ausdruck verleiht. Als Gaia als Mutter der Natur angerufen wird und Sänger David “Eklatanz“ Conrad dann in aggressivere Screams ausbricht, fühlt es sich an, als hätte das Lied gerade erst begonnen, obwohl schon knapp die Hälfte des über zehn Minuten langen Songs vorbei ist.

Damit steht der erste Song von “Nightsphere“ stellvertretend für das ganze Album. Der Wechsel aus emotionalem Klargesang und intensiven, rohen Screams transportiert die Idee und die Atmosphäre des Albums mühelos und sorgt für Abwechslung, sodass die Songs trotz einer Durchschnittslänge von knapp zehn Minuten fesseln und kurzweilig sind. Außerdem holen HERETOIR sich kompetente Unterstützung und präsentieren bei “Twilight Of The Machines“ einen Gastauftritt von Tim Yatras von AUSTERE und lassen sich bei “Glacierheart – Nightsphere Part II“ von Nikita Kamprad von DER WEG EINER FREIHEIT dabei helfen, dem Tod unseres Protagonisten und der Zerstörung der bekannten Welt Ausdruck zu verleihen.

Einzig das instrumentale Interlude “Pneuma“, das nicht nur aufgrund des Titels, sondern auch inhaltlich TOOL-Assoziationen weckt – allerdings eher an die berüchtigten Zwischentracks denn an den gleichnamigen Song –hätte etwas abgekürzt werden können. Der metallische Sci-Fi-Sound gibt zu Beginn sicher Luft zum Atmen und schafft etwas Rahmenatmosphäre, aber spätestens nach vier der knapp sieben Minuten sorgt die Gleichförmigkeit der Klangkulisse eher für Monotonie und verliert so die Aufmerksamkeit des Hörers, der sich danach erst einmal wieder in die Geschichte einfinden muss.

“Nightsphere“ ist inhaltlich und musikalisch ein starkes Album

HERETOIR klingen auf “Nightsphere“ selbstbewusster und firmer in ihrem eigenen Klang und lösen sich etwas von ihren Post-Metal-Vorbildern. Stilistisch ist “Nightsphere“ im Vergleich zu seinen Vorgängern etwas weniger experimentell und dadurch ein kleines bisschen vorhersehbarer. Dadurch, dass es ein übergeordnetes Konzept gibt, ist das aber durchaus passend – und das ist sowohl inhaltlich als auch musikalisch auf sehr hohem Niveau umgesetzt. Das wunderschöne Artwork, ein Gemälde von Künstler Karl Wilhelm Diefenbach mit dem Namen “Der Feentanz“, ist dabei noch das Sahnehäubchen.

29.09.2023

"Es ist gut, aber es gefällt mir nicht." - Johann Wolfgang von Goethe

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