Herbstschatten - Abschaum

Review

Die Hamburger HERBSTSCHATTEN legen nach dem Debüt “Liv Og Død” von 2013 nun ihr zweites Album “Abschaum” nach. Abendfüllendes Kino steht uns bevor, denn “Abschaum” ist ein Konzeptalbum über die so bezeichnete Menschheit. Gut, im Black-Metal-Kontext ist das alles andere als ein originelles Thema – aber hey, es gibt so Tage, da ist man in der Stimmung. Und außerdem: Wer mag schon Menschen?

HERBSTSCHATTEN widmen “Abschaum” der Menschheit

Das Problem mit “Abschaum” ist, dass sich HERBSTSCHATTEN sehr bemühen, originell und tiefgründig zu sein, aber von allem viel zu viel in den Topf hauen. Den Rahmen bildet irgendwie Black Metal, aber dieser kann kaum Stimmung entfalten. Wenn, wie im schönen Akustik-Part von “Flammen der Schuld” mal etwas Atmosphäre zugelassen wird, so stehen links und rechts von dem Segment ein Deutschrock-Flirt und ein Disco-Beat inklusive brachialem Synthesizer. Das alles geschieht innerhalb von etwa anderthalb stressigen Minuten. Im Kontext von Zeilen wie “Wir sind noch nicht verloren / Noch haben wir Zeit / Unsere Garnisonen sind noch nicht zerteilt / Ladet die Katapulte / Legt die Rüstung an / Jeder muss jetzt an die Front / Kind und Frau und Mann” (“Sonnenuntergang”) wirkt das alles ziemlich albern. Passenderweise endet der darauf folgende Song “Flammen der Schuld” mit der Zeile “War doch nur ein Scherz” – der Punchline ist nichts hinzuzufügen.

Zudem hat in der Produktion nahezu nichts Platz zum Atmen. Die Bassdrum ist ziemlich platt, übertüncht aber alle anderen tiefen Frequenzen; die Snare klingt nach Trigger und alles ist laut ohne Ende. Das passt allerdings zu den ebenfalls häufig auf “Abschaum” vertretenen Melodic-Death-Einflüssen ganz gut. Selbige sind allerdings gleichermaßen eine Zutat, die sich eher skurril mit den bereits genannten mischt. Immerhin gelingt es HERBSTSCHATTEN, so manchen Part einzuflechten, der aufhorchen lässt.

“Abschaum” – Zu viel von allem

Ein richtig großes Problem auf “Abschaum” stellt darüber hinaus der Gesang dar. Wesentlich besser als die oben zitierten Zeilen werden auch die übrigen Texte nicht. Das erweist sich dann als Manko, wenn der Gesang so vordergründig platziert und klar artikuliert ist wie auf “Abschaum”. Die daraus gelegentlich resultierende Komik war sicherlich nicht im Sinne von HERBSTSCHATTEN. Fünf Punkte, weil vieles für sich genommen in Ordnung ist. Als Ganzes funktioniert “Abschaum” leider weniger.

25.09.2020

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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