Helrunar - Niederkunfft

Review

Galerie mit 22 Bildern: Prophecy Fest 2016 – Freitag – Helrunar

Wenn es um anspruchsvollen, ernst zu nehmenden Pagan Black Metal geht, führt schon seit Jahren kein Weg an HELRUNAR vorbei. Mindestens seit „Baldr ok Íss“ sowie dem Doppelalbum „Sól“, welche man durchaus als Referenzwerke bezeichnen kann, ist die Truppe einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Es erfreut mich ganz besonders, wenn sich Qualität, Ideenreichtum und Eigenständigkeit doch durchsetzt wie hier im Falle von HELRUNAR, welche nun unter dem Titel „Niederkunfft“ erneut ein Werk an anspruchsvollen, ausdruckstarken, atmosphärisch dichten Metal mit mythologisch inspirierten, tiefgründigen Texten veröffentlichen.

„Niederkunfft“ stellt einen musikalischen als auch konzeptionellen Bruch in der bisherigen Geschichte von HELRUNAR dar. Was die Texte anbelangt, befasst sich Sänger Skald Draugir zum ersten Mal mit einem historischen Thema, dem europäischen Menschen an der Schwelle vom Mittelalter in die Neuzeit. Aberglaube und Ängste im Konflikt zwischen Religion und Aufklärung. Auch musikalisch haben sich HELRUNAR weiterentwickelt und bieten eine neue, interessante Herangehensweise. Das Duo klingt nunmehr deutlich nihilistischer, bedrückender, apokalyptischer und niederschmetternder als bisher. Waren die bisherigen Werke stark von der zerstörerischen Kraft des nordischen Black Metal inspiriert, gesellen sich hierzu nun verstärkt Elemente des drückenden ungeschliffenen Doom/Death Metals. Eine Entwicklung, die sich bereits mit „Wein für Polyphem“ von der Split-CD mit ÁRSTÍÐIR LÍFSINS ankündigte. Wo früher oftmals kalte Raserei herrschte, setzen HELRUNAR nunmehr meist auf zäh schleppende, getragene Rhythmen bis zum Midtempo. Wie bspw. im Englisch (!) gesungenen „Devils Devils Everywhere!“ das zwischen der drückenden Schwere des Dooms, harschem Old School Schwedentod und garstigem verstörendem Black Metal pendelt. Direktes schweres Riffing trifft Sägenleads, auf klare Gitarrenpassagen, sphärische Dynamik und Pianoklänge. Skald Draugir präsentiert sich ebenso abwechslungsreich, flüstert, kreischt, growlt, singt melancholisch klar, spricht, und erreicht damit eine wahnsinnig emotionale, finster beklemmende Tiefe. Zurück zu den schwarzmetallischen Wurzeln geht es im entfesselt treibenden „Magdeburg brennt“. Durch die Erweiterung des Black Metals um die neuen Facetten gewinnen die Klangwelten von HELRUNAR an Ausdrucksstärke. Über allem herrscht eine sehr dichte, herrlich morbide Atmosphäre. 

Zweifelsohne liefern HELRUNAR mit „Niederkunfft“ eine weitere in sich geschlossene, sehr intensive Glanzleistung ab. Das Duo geht seinen eigenen Weg, ist nicht mehr so rasend wie auf den Frühwerken, überzeugt dafür aber mit einer (nieder)drückenden Stimmung, die es in sich hat!

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02.03.2015

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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4 Kommentare zu Helrunar - Niederkunfft

  1. W.W. sagt:

    Gutes Review, nur habe ich zwei wirklich ernst und nicht ironisch oder sarkastisch gemeinte Fragen: 1. An welcher Stelle sind die Texte „mythologisch inspiriert“?
    2. Lese ich keinen Kritikpunkt heraus, der den einen Punkt Abzug begründet. Woran liegt’s?

    Dem Review kann ich mich sonst nur anschließen!
    PS: Woher verdammt noch mal kennt man die Melodie am Ende von „The Hiebner Prophecy“? Ist das nicht irgendetwas Althergebrachtes? Kommt mir jedenfalls extrem bekannt vor aber ich komme partout nicht darauf, woher…

  2. Dirk sagt:

    Das Review hätte man 1:1 mit dem Werbetext von Prophecy verfassen können, ohne das Album jemals selbst gehört zu haben.

  3. Chris sagt:

    @W.W.: Ich habe mich auch gefragt welche Melodie das ist – nach fast 2 Tagen bin ich endlich darauf gekommen. Die Melodie ist das Traditional „Saltarello“ – das Stück kommt einem vermutlich bekannt vor, da es von fast jeder Mittelalterband schon einmal in irgendeiner Form gecovert wurde (z.B. Subway To Sally – Braut und Bräutigam). So eine doomige / heavy – Version höre ich hier allerdings wirklich zum ersten mal.

    Zum Album:
    Gerade seit Helrunar als Duo agierend ist es ohnehin kaum möglich den doch sehr virlschichtigen Stil in einigen Sätzen Review zusammenzufassen, ohne der Musik Unrecht zu tun.

    Daher einfach reinhören – es lohnt sich ; )

    Viele Grüße,
    Chris

  4. W.W. sagt:

    @Chris: Ah…natürlich…ich danke dir sehr! Endlich kann ich wieder ruhig schlafen. Ich hatte es in Richtung In Extremo verortet, mir jeden Song von ihnen noch einmal ausschnitthaft angehört. Jedoch scheint es AUSGERECHNET eines der wenigen Stücke zu sein, die sie in alten Tagen nicht selbst vertont haben. Oder ich habe es einfach übersprungen…