Helrunar/Nachtmahr - Split-MCD

Review

Hübsch und innovativ, so wie man es von Prophecy Productions bzw. der Lupus Lounge gewöhnt ist – diese Split-MCD sollte wohl besser eine Split-7″ EP sein, und weil man sich dazu nicht recht entschließen konnte, ist sie beides geworden: eine Mini-CD in der Verpackung einer 7″. Aber was für eine!
Die großen Erwartungen, die man angesichts der von HELRUNAR-Vokalist Skald Draugir mit exquisiten Gemälden unerkennbarer, mystischer Motive veredelten Hülle zwangsläufig hat, werden beim Einlegen der Scheibe kein bisschen enttäuscht. HELRUNAR, für mich das neue Zugpferd des ohnehin aristokratisch veranlagten Lupus-Lounge-Labels, legen mit ihrem ersten Stück seit dem selbstveröffentlichten Demo „Gratr“ einen Paukenschlag vor, der den Kauf dieser Veröffentlichung alleine rechtfertigen würde. Was so wiegend mit gezupfter Lagerfeuergitarre beginnt, steigert sich binnen weniger Takte zu einem wütenden Gewitter von erhabener Gefährlichkeit, in dem die drei Furien sich aufs Äußerste in ihren Domänen verausgaben. Das Schlagzeug pumpt sich das Herz selbst aus dem Leib, die Gitarren überziehen die Landschaft zielsicher mit einer filigran geflochtenen Patina aus gebrechlichem Eis, und durch den Wind schreit der Skalde eine düstere Prophezeiung, die wohl niemand vernehmen wird. Darauf Stille und Schönheit; die Sicht des Falken über dem Unwetter, in gleißendem Sonnenschein – Akustikgitarren, wie sie ULVER kaum je schöner gespielt haben. Dann taucht der Falke wieder ab, Auge in Auge mit dem Untergang. Es ist bereits dunkel, aus Hauch wurde Sturm, es naht die Nacht, die „Frostnacht“. Bildreich, urnordisch und urgewaltig sind HELRUNAR in ihren sechseinhalb Minuten, dabei stilsicherer und ein wenig eigener als noch auf ihrer Demo-CD. Dazu trägt sicherlich auch die exzellente Produktion aus dem Studio E bei. Nichtsdestotrotz gilt: was es in Form zu gießen gilt, bringt eine Band noch immer selbst mit sich, und davon haben HELRUNAR hörbar so viel Gutes, dass das kommende Album in etwa so einschlagen könnte, wie es vor 7 Jahren TAAKES „Nattestid“ getan hat.
Angesichts solcher Bildgewalt haben NACHTMAHR eine schwere Stellung, der sie, das muss man einfach zugeben, nicht gerecht werden können. Trotzdem muss ich eingestehen, dass sich das Duo aus dem EMPYRIUM-Umfeld im Vergleich zur Split-CD mit SUN OF THE SLEEPLESS mindestens um 100% gesteigert hat. „Trollnacht“ kommt erst während der gut fünf Minuten Laufzeit in Fahrt und hat mit recht gesichtslosen Riffs zu Anfang sichtbare Startschwierigkeiten. Die besten Momente hat das Stück im zweiten Teil, in den von Doublebass getragenen Midtempo-Passagen, mit düsteren, verschwommenen Hintergrundchören und ohne Gesang. An letzterem werden sich die Geister scheiden, vermute ich. Das harsche Gekreische wirkt auf mich zu verhalten und zu wenig emotional. Größter Streitpunkt wird allerdings eine einminütige, mehrstimmige Einlage des wunderschönen Helm-Tenors sein, der schon EMPYRIUMS „Weiland“ zu etwas Besonderem machte und zwangsläufig für Gänsehaut sorgt. Für die einen wird dieses Stilmittel in einer Band, die den Anspruch hat, „märchenhaften Black Metal“ zu spielen, deplatziert sein, für mich ist es die einzige Begründung dafür. Tatsache ist, dass man soetwas noch nicht gehört hat, und das ist nicht nur reizvoll, sondern für eine stagnierende Szene auch bitter notwendig. Ansonsten haben NACHTMAHR mit ihrem größtenteils biederen Black Metal leider nicht viel Einzigartigkeit zu bieten und stehen, auch wenn ihr Stück durchaus gutklassig ist, weit hinter HELRUNAR zurück.

Selbst wenn 8,50 Euro für diese Veröffentlichung viel erscheinen, so lässt sich dieser stolze Preis doch durch die außergewöhnliche Qualität von „Hauch wird Sturm“ und durch die aufwendige Gestaltung ein Stück weit rechtfertigen. Ich würde zugreifen, solange noch ein Exemplar der limitieren 1000-er-Auflage zu erhaschen ist.

14.06.2005

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