Helloween - Helloween

Review

Diese Review soll ausnahmsweise mal aus der Ego-Perspektive eines Fans beginnen. Vor einigen Jahren sorgte die Nachricht über eine mögliche Re-Union mit Michael Kiske, Kai Hansen und dem Rest der Band für einen echten Gänsehautmoment. Als es zur Pumpkins-United-Tour kam, schrieben HELLOWEEN erneut Geschichte. Songs wie “Futue World”, “I Want Out” und “Halloween” in dieser Besetzung noch einmal live erleben zu können, war wie ein wahrgewordener Traum für viele Power-Metal-Jünger. Man selbst fühlte sich knapp drei Jahrzehnte in die Vergangenheit katapultiert, als man als Halbwüchsiger zu jung gewesen war, ein Konzert der Band zu besuchen.

HELLOWEEN lassen Träume in Erfüllung gehen

28 Jahre nachdem Kiske die Band verlassen hat, erscheint mit dem knapp betitelten “Helloween” das lang ersehnte Re-Union-Album. Nach einem düsteren Auftakt, der durchaus an einen Song namens “South Of Heaven” einer gewissen Thrash-Combo aus Los Angeles erinnert, wird der Song-Reigen mit “Out For The Glory” im erwarteten Up-Tempo mit verspielten Gitarren und extrem hochtönenden Vocals eingeläutet. Kiske klingt wie ein zwanzigjähriger Debütant mit engelsgleicher Stimme und hat über die Jahre also nichts von seiner Stimmkraft eingebüßt.

Langgezogene Gesangspassagen mit Melodien, die einen sehnsüchtig mit dem, zur Gitarre umfunktionierten Tennisschläger breitbeinig vor dem Spiegel posieren lassen und zuckersüße Gitarren-Harmonien erinnern an längst vergangene Tage.

Hymnen bis zum Abwinken

Das “Helloween” aber keine Ein-Mann-Show ist, zeigt allein das Intro zu “Fear Of The Fallen”, auf dem Andi Deris klar und punktgenau intoniert. Nebenbei steigert sich der Song im Refrain zu einer weiteren Mitsing-Hymne im Band-Katalog. Fast ist man enttäuscht, als das Anfangs-Riff von “Best Time” an “Future World” erinnert, wobei der Track sich als grooviger Mid-Tempo-Batzen entpuppt und damit doch noch die Kurve kriegt.

A-typische Songs wie “Mass Pollution” bringen zwischendurch Abwechslung. Das Lied läßt sich auch als Power-Monster bezeichnen, wenn Deris mit voller Inbrunst den Rocker mimt und dicke Tom-Läufe zur Heaviness beitragen.

Retro und Moderne treffen aufeinander

Wie um das Gefühl der Nostalgie noch zu verstärken, wurden die Drums auf dem Original-Kit des, an Suizid verstorbenen, früheren Schlagzeugers Ingo Schwichtenberg eingespielt. Obwohl “Helloween” komplett analog aufgenommen wurde, klingt es an mancher Stelle gar futuristisch statt puristisch. Genau das lässt das Durchhören der Platte ab einem gewissen Zeitpunkt zu einer echten Herausforderung werden. Immerhin hat man es mit sieben gestandenen Musikern zu tun, die sich gegenseitig nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Entsprechend viel passiert auf jedem Song des Albums.

“Helloween”: Musik für Entdecker

Auch eingefleischte HELLOWEEN-Fans müssen also Zeit mitbringen und die zwölf Stücke geradezu studieren. Die Detailverliebtheit zeugt einerseits von ungezügelter Musikalität. Andererseits gewinnt man aber nie den Eindruck, dass die Musiker sich in ihrem Ideenreichtum überbieten müssen. Diese These wird auf “Indestructable” fett unterstrichen, wenn der Refrain mit den Worten “We´re indestructable, cause we are one” geradezu zelebriert wird. Die unverrückbaren Höhepunkte der Platte stellen der Chorus von “Robot King” und Kai Hansens 12-minütige Vision von einem, aus dem Himmel gefallenen Alien “Skyfall” dar, das vorab als Single-Version zu hören war.

Von einem Klassiker zu sprechen, wäre zu früh. Insgesamt befindet sich aber praktisch kein Füller auf “Helloween” und die Qualität der Songs wird sich mit den kommenden Live-Shows zeigen. Springt man in die Gestalt des HELLOWEEN-Fans an den Anfang der Review zurück, möchte man dankbar die Faust ballen und “I fell from the sky, so don´t ask me why, I´m feelin´ so down” in die Nachbarschaft schreien.

11.06.2021

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