Chaos – Unordnung, Wirrnis, Antikosmos. Der Urzustand der Welt, der der Erschaffung der Erde vorrausging, diffus und dunkel. Doch soviel Konfusion dem Chaos auch innewohnen mag, folgt es doch einer inneren Gesetzlichkeit, einem energetischen System, einer höheren Kraft. Einer Art wüsten Dynamik, der sich auch HELHEIM auf ihrem nunmehr sechsten Album „Kaoskult“ verschrieben haben. Episch, facettenreich und experimentierfreudig vertonen und kultivieren die Herren aus Bergen hier ihre ganz persönliche Vorstellung dieser uralten Begrifflichkeit.
Doch lösen sich die Norweger dabei auf den ersten Blick weitgehend von der klassischen Wortbedeutung – „Kaoskult“ wirk geschlossen und präzise arrangiert, ist keine bloße Aneinanderreihung von verworrenen Einzelspielen und entspinnt sich so zu einem bedachten Gesamtwerk, das auch vor neuen musikalischen Gehversuchen nicht zurückschreckt.
Den Auftakt bildet das gut fünfminütige „Det Norrøne Alter“, das schleppend und erhaben aus den Boxen schallt und doch ganz ohne klischeeträchtige, vermeintlich majestätische Melodielinien auskommt. Akzentuierende Keyboardarrangements und die fast schon dialogisch wirkende Kombination verschiedener Gesangsstile schaffen einen eindringlichen Einstieg und offenbaren zudem eine Spielfreudigkeit, wie sie spürbarer kaum sein könnte. Mit „Northern Forces“ zeigen sich die Kettenhemdliebhaber dann in modernerem Gewand; straight arrangiert und mit gekonnten Basslines untersetzt, erinnert das flammende Stück an rezente schwarzmetallische Spielarten, wie man sie vor allem von ihren Landsmännern Satyr und Frost kennt.
Der längste und in meinen Augen komplexeste Song auf „Kaoskult“ folgt dann jedoch in Form von „Om Smerte Og Liv“, der im mittleren Tempobereich beginnt und anschließend von sphärischen Synthesizersequenzen und einem klasse ausgestalteten Bass begleitet, einen wahrlich gänsehauterregenden Mittelteil heraufbeschwört. Cleane Gitarrenläufe verheißen einen lindernden Halbschlaf, der auf seinem Höhepunkt jählings von einem markerschütternden Schrei beendet und – flankiert durch die restlichen, erneut einsetzenden Instrumente – geschwind und spannungsreich zu seinem Ende überführt wird. Etwas hitziger und noch Black-Metal-lastiger wird es mit „Om Tilblivelsen Av Gapende Tomhet“, das vor allem durch rhythmische Breaks und variable Tempi begeistern kann.
Faszinierend an „Kaoskult“ ist insbesondere die scheinbar widersprüchliche Verquickung von Eingängigkeit und Unvorhersehbarkeit. Obschon die Kompositionen rasch zu erschließen sind, kann man ihre gesamte Tragweite erst nach vielen Hördurchläufen umfassend erfühlen und stößt selbst dann noch auf verborgene Raffinessen und frische Nuancen. Überhaupt gelingt es HELHEIM mit ihrem Sechstling immer wieder Gegensätze zu vereinen, sei es in Form von Schnelligkeit und Bedacht, Aggression und Empfindsamkeit oder Imposanz und bewusster Reduktion.
Kleinere Abstriche kann ich eigentlich lediglich bei Produktion und Gesang machen: Erstere könnte durchaus etwas mehr kratzige ‚Urigkeit‘ und Rauheit vertragen, besticht ansonsten aber durch Druck und Präzision. Bei den Vocals herrscht grundsätzlich zwar ein wirklich ansehnliches Spektrum, das innerhalb der einzelnen Stücke leider nicht immer optimal ausgenutzt wird…
„Kaoskult“ – das ist Black Metal („Viking“ kann man das trotz der präferierten Bandbekleidung sicher nicht mehr schimpfen…) zwischen Tradition und Moderne, mitreißend, komplex und kampfeslustig.
Schlusswort gefällig? „Nichts kann existieren ohne Ordnung. Nichts kann entstehen ohne Chaos“ – Amen, Einstein.
Zum Review: selten so ein schwülstiges Geschreibsel gelesen. Vor lauter Worthülsen und leeren Phrasen erfährt man ja kaum etwas über die Musik, eine Einordnung in Helheims bisherige Alben fehlt völlig! Darf ich raten: Deutsch Leistungskurs? Kann ja sein, dass das hier eine Spielwiese für zukünftige Dostojewskis ist, aber man sollte doch bitte persönliche Literaturpreis-Ambitionen der Informationsübermittlung hintanstellen. Zum Album: im Vergleich zum Vorgänger hat sich klangtechnisch nicht viel verändert, der typische Helheim-Beat ist immer noch vorhanden, der typische singende Gitarrenteppich mit schiefen Sologitarreneinlagen ebenfalls. Insgesamt kommt mir das Album allerdings deutlich psychedelischer und düsterer vor, als die direkten Vorgänger. Dazu trägt auch das mehrheitlich mittelschnelle bis langsame Tempo der Songs bei. Ich würde auch sagen, dass Helheim auf diesem Album ein wenig nach neueren Gorgoroth oder auch Khold klingen, wobei sie aber nie ihren eigenen Stil verlieren. Insgesamt beeindruckt mich das Album beim ersten Hören sehr, es wirkt vielschichtig und komplex – und vor allem weckt es bei mir wieder dieses alte, lange totgeglaubte Nowegen-Black-Metal-Feeling der späten 90er Jahre! Wer dieses Feeling ebenfalls vermisst, dem kann ich dieses Album nur empfehlen.