Heimdalls Wacht - Geisterseher

Review

HEIMDALLS WACHT sind bisher eher durch Verbindungen zu seltsamen Kreisen aufgefallen als durch musikalische Qualität. Auch nun, Jahre nachdem sich die Band von ihrem früheren Label distanziert hat und zu Trollzorn Records gewechselt ist, hängt der Band der Ruf an, netten Pagan Black Metal zu spielen, der aber wirkliche Glanztaten vermissen lässt. Dementsprechend überraschend kommt es, dass HEIMDALLS WACHT mit „Spökenkieker“, dem Opener ihres neuen Albums „Geisterseher“, einen richtig guten Melodic-Black-Metal-Song hinlegen. Der Song überzeugt mit einer eindringlichen Leadgitarre, mit emotionalen Vocals und einer interessanten Struktur – stemmen sich HEIMDALLS WACHT etwa anno 2016, zwölf Jahre nach Bandgründung und auf ihrem siebten Album, aus dem Sumpf der Mittelmäßigkeit heraus?

Tolle Ideen treffen unspektakuläre Parts nach altbekanntem Schema

Nun, ja und nein. Auch im weiteren Verlauf von „Geisterseher“ bleibt der Eindruck bestehen, das beste Album zu hören, das diese Band bisher aufgenommen hat. Nicht nur der Opener überzeugt, auch der leicht schwedisch beeinflusste Uptempo-Song „Wir sind die Wächter“ kann was, wenngleich er nicht nicht die eindringliche Emotionalität von „Spökenkieker“ einfängt. „Der kommende Gott (Treffen mit Sabazios)“ ist wieder etwas interessanter, der Groove-Part im Mittel- und im Schlussteil überrascht und lädt eher zum Nackenstrapazieren ein denn zum Fühlen der Musik, allerdings ist die Leadmelodie dazwischen schon ziemlich ausgelutscht und unspektakulär.

In „Scyomantia – Der Thron im Schatten“ packen Bandkopf Saruman und Neu-Sänger Skjeld (PESTNEBEL) tollen Klargesang aus, der durchaus unter die Haut geht – und auch die Leadgitarre ist in diesem Track wieder etwas spektakulärer. „Tairach“ beginnt als schleppender Doom-Song ohne großartige Höhepunkte, in der zweiten Hälfte packen HEIMDALLS WACHT allerdings doch noch ein paar gewöhnungsbedürftige Ideen aus, die eher in die frühe Bandphase gepasst hätte. „Taedium Vitae“ treibt dem Hörer dafür wieder Gänsepelle auf die Unterarme, vor allem Sarumans früher oft, heuer selten gehörtes Gekreische und die choralen Elemente sind bemerkenswert. Das abschließende „Anderswelt“ packt dann nochmal leicht schwedisch inspirierten, melodischen Uptempo-Black-Metal aus, vor allem im letzten Drittel des Songs finden sich ein paar gute Ideen … allerdings hätte man das auch auf weniger Spielzeit als knappe 14 Minuten zusammenstauchen können.

„Geisterseher“: Kein Meisterwerk, aber das bisher beste Album von HEIMDALLS WACHT

Insofern: Ja, „Geisterseher“ ist das beste HEIMDALLS WACHT-Album bisher. Das heißt nicht, dass ich es für ein Meisterwerk halte; dafür finden sich doch noch zu viele Parts, die ein müdes Gähnen im Hörer hervorrufen. Aber Songs wie „Spökenkieker“, wie „Scyomantia – Der Thron im Schatten“ oder wie der Rausschmeißer „Anderswelt“ – und hier vor allem der getragene, epische Schluss -, das hätten HEIMDALLS WACHT vor ein paar Jahren noch so nicht hinbekommen (wollen). Die Aufwärtstendenz ist da … vielleicht gibts ja mit dem nächsten Album einen richtigen Kracher?

13.10.2016

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3 Kommentare zu Heimdalls Wacht - Geisterseher

  1. Nameless Wanderer sagt:

    Ich finde einerseits wird HW ziemlich runtergeputz, da sie wirklich sehr gute Scheiben hatten, mal vom Sound abgesehen. Andererseits wird dieses Album zu gut bewertet. Die Lieder sind nur noch Ansatzweise im Stile der Vorgängerscheiben und widersprechen den angebliche Werten der Band. Nun mit Neuem, eher mainstreamgesteuertem Label ist leider die Musik auch in selbige Sparte einzuordnen. Man hat sich den Kritikpunkten der Masse ergeben und sich damit selbst ins Aus geschossen. Wer wie HW immer den Underground propagierte bzw. hochhielt und nun mit so einer Medienmaschinerie auftritt. Also bitte, da ist jede Glaubwürdigkeit zertreten. Zudem das Album massiv glattgebügelt wurde, das keinerlei Leben mehr zu erhören ist. Schade… Guter Sound kann viel bringen oder auch wieder mal viel zerstören, wie hier. Die Band wurde auch absolut unglaubwürdig, da man egal wo man hinschaut, trifft man auf Gigs der Herren und wahren Hüter des Undergrounds, überall was man ranbekommt bespielt man nun. Die Musik des Albums ist zudem ohne jegliche Höhepunkte, welche früher massig vorhanden waren, bis auf wenige Ausfälle. Die Vocals sind durch den neuen Sänger leider auch eher gehaltlos geworden und passen im Grunde gar nicht zu HW. Schade, aber so geht das eben wenn man sich von seinen Idealen und wohl auch den alten Fans verabschiedet. Als kleiner Tipp, eines der Highlights ihrer Diskographie: „Nichtorte – Oder die Geistreise des Runenschamanen“. Ein wirklich geniales Undergroundalbum.

    3/10
  2. Marcel sagt:

    Großartiges Album, das sehr epischen und melodischen Pagan Black Metal bietet. Die erwähnte Thematik um „Geisterseher“ ist interessant und relativ innovativ. Der Wechselgesang kling teinfach fantastisch und die Stimmen ergänzen sich sehr gut. Ich wurde selten von einem Album so emotional gepackt. Fantastisch!

    10/10
  3. guy.brush sagt:

    Gute Scheibe und eine klare Weiterentwicklung in jeglicher Hinsicht in Bezug auf die Frühwerke der Band!

    8/10