Heilung - Futha

Review

Mit „Futha“ haben HEILUNG gerade ihr zweites Studioalbum veröffentlicht. Nachdem sie mit ihrer Show beim Castlefest 2017 schlagartig für Furore in der Neofolkszene und darüber hinaus gesorgt hatten, gab es letztes Jahr eben jenen Auftritt als Livealbum „Lifa“ sowie das Debütalbum „Ofnir“ in Neuauflage. Zahlreiche Festivalauftritte folgten und auch eine Tour wird es bald geben. Einige der nun auf „Futha“ befindlichen Stücke spielen HEILUNG schon seit geraumer Zeit live. Andere sind neu hinzugekommen. Bei den Aufnahmen ging es übrigens äußerst merkwürdig zu, wie ihr in unserem Interview mit HEILUNG lesen könnt.

Von der Band wird „Futha“ als feminines Pendant zum sehr maskulinen „Ofnir“ bezeichnet, das die weiblichen Figuren der nordischen Mythologie – beispielsweise die Walküren – in den Vordergrund stellt. Wer aufgrund dessen mit einem weniger kriegerisch anmutenden Album rechnet, wird beim Hören aber schnell eines Besseren belehrt werden. Das Weibliche ist auch im Titel des Albums zu finden, denn „Futha“ ist nicht nur der Beginn der gemeingermanischen Runenreihe Futhark, es bezeichnet unter anderem das weibliche Geschlechtsteil. Im Deutschen kennen wir das Wort als „Fotze“. Die abfällige Bedeutung hatte das Wort damals allerdings nicht, und HEILUNG distanzieren sich auch explizit von dieser Wertung.

Auf den HEILUNG-Effekt ist Verlass

Mit „Galgaldr“ startet das Album äußerst verstörend mit gesprochenem Wort, das keifend und kalt intoniert wird. Mit Hörspielcharakter baut sich das Stück weiter auf. Das Rauschen des Windes, ein Glöckchen, ein Hahnenschrei und eine Lure/ein Horn sorgen für ganz viel Atmosphäre. Erst bei fast vier Minuten beginnen ein Singsang und Trommeln. Augenblicklich setzt dann der HEILUNG-Effekt ein, der bewirkt, dass einen die Musik fast in Trance versetzt. Das darauffolgende „Norupo“ gab es bereits vorab als Single. Als normallanges Stück mit orthodoxerem Songwriting ist es leichter verdaulich und könnte mit dem ruhigen Vibe, den es versprüht, auch als alternativer Titelsong für die TV-Serie „Vikings“ dienen.

„Othan“ kennt man bereits von „Lifa“ und idealerweise auch von selbst erlebten Konzerten. Insgesamt ist es zwar ein eher unspektakuläres Stück, besticht aber vor allem durch seinen Chorgesang. Mit dem sehr entspannten „Traust“, das vom ersten der Merseburger Zaubersprüche inspiriert ist, und „Vapnatak“ kommen wieder neue Stücke. Letzteres ist wie „Schlammschlacht“ auf „Ofnir“ eine Art Hörspiel, das mit gesprochenem Wort vor einer Geräuschkulisse eine Geschichte erzählt. Als Sprache wurde hier aus ganz persönlichen Gründen der moselfränkische Dialekt gewählt. Aufgenommen wurde die Rezitation unter einem rekonstruierten germanischen Schild vor der Original-Geräuschkulisse herabregnender Pfeile, weil HEILUNG.

„Svanrand“ beginnt mit Kriegsgebrüll, bevor es sich mit nach und nach einsteigenden Trommeln und dem melodischen Gesang von Maria Franz weiter aufbaut. Der Text besteht zur Gänze aus Namen von Walküren, deren Stabreime den Rhythmus des Stücks vorgeben. Die wahren Schätze, die „Futha“ zu bieten hat, befinden sich aber am Ende des Albums. „Elivagar“ verbreitet mit seinem keifend gesprochenen Text wieder innere Unruhe, wenn nicht gar Angst, bevor es mit „Elddansurin“ und dem ebenfalls schon als Livestück bekannten „Hamrer Hippyer“ wieder tanzbar und trance-induzierend wird.

„Futha“ ist kein Album, sondern ein Erlebnis

Das gesamte Album über lohnt es sich, auf den Hintergrund zu achten. So erschließen sich einem all die kleinen Details, mit denen HEILUNG die Atmosphäre erschaffen, die unterschwellig auf den Hörer wirkt und es vermag, verschiedenste Emotionen hervorzurufen. Oft sind das Gefühle der Beklemmung, aber auch der Ruhe und Verträumtheit. Einmal mehr beweist das Trio seinen extremen Erfindungsreichtum, wenn es darum geht, wahre Klangwelten zu konstruieren, ohne dabei den Unterhaltungsaspekt zu kurz kommen zu lassen. Auch an „Futha“ kann man nicht wie an ein gewöhnliches Album herangehen, doch wer sich auf die Reise durch Raum und Zeit einlässt, auf die HEILUNG hiermit einladen, wird zweifelsfrei belohnt werden.

16.07.2019

headbanging herbivore with a camera

Exit mobile version