HEIDRA aus Kopenhagen kommen praktisch aus dem Nichts und heften sich mit ihrem Debüt „Awaiting Dawn“ gefährlich dicht an die Fersen von MOONSORROW, FINNTROLL und ENSIFERUM. Mit gutturalen Vocals und kräftigem Klargesang bewaffnet ebnen sich die Dänen souverän ihren Weg durch epische Klangwelten. Den wichtigsten Punkt frühstücken HEIDRA schon vor der ersten Hälfte des Albums ab – sie lassen Bilder von verwaisten Wäldern, tiefschwarzen Seen, ergreifenden Schlachten und sich gegenseitig mit Met zuprostenden Bärtigen vor dem inneren Auge erscheinen. Nennt es Viking, nennt es Pagan oder nennt es Folk Metal – Fakt ist, dass uns diese ursprüngliche, spröde Musik verzaubern soll, und genau das tun HEIDRA mit „Awaiting Dawn“.
Das „Prelude“ erinnert mich noch etwas an den Einmarsch von Henry Maske … geschenkt, denn was dann folgt, macht das etwas pathetische Intro mehrfach wett. Gleich sieben Männer zeigen sich verantwortlich für die neun Stücke (inklusive „Prelude“). Nicht zuletzt deshalb ist „Awaiting Dawn“ so vielschichtig und prall geworden. Wenn andere Anfänger hilflos zur Flöte greifen und bis zur Schmerzgrenze und darüber hinaus gnadenlos die Tonleiter rauf und runter dudeln, behelfen sich HEIDRA mit ergreifenden Gitarrenmelodien, unaufdringlichen Keyboardklängen und durchweg großartigen Kompositionen. Dies und die grandiosen Gesangsvariationen machen das Debüt zu einem herausragenden und sehr glaubwürdigen Album. Sänger Morten Bryld scheint alleinverantwortlich für die stimmliche Vielfalt. Kaum zu glauben, denn egal ob krächzend und kratzbürstig, melodiös und kräftig, fies und garstig oder einfach beeindruckend sprechend – Morten gibt sich in keiner Kategorie mit weniger als der Perfektion zufrieden, und HEIDRA ziehen dadurch kräftigen Mehrwert.
HEIDRA bauen in jedem Stück eine dominierende Fläche auf, die ihren Höhepunkt auch dann nicht erreicht hat, wenn man eigentlich schon zufrieden wäre. Theatralisch, urig aber nicht schnulzig brechen die schmuckvollen Stücke häufig auf, schnaufen kurz mit einem akustischen Gitarrenpart durch, nur um dann wieder Fahrt aufzunehmen und ganz groß und einnehmend zu werden. Humppa-Parts gibt es eigentlich keine, eher Entladung mithilfe von schnellem Blast, aber auch dies eher gering dosiert. HEIDRA frickeln nicht, sondern pumpen ihre Riffs mit Seele und ansteckender Leidenschaft und bieten die richtige Essenz aus Härte und Gefühl. Dabei sind HEIDRA weniger verspielt und ausschweifend als MOONSORROW, weniger rasant als ENSIFERUM und weniger spaßig angelegt als FINNTROLL.
Während des Genusses von „Awaiting Dawn“ beschleicht mich von der ersten Sekunde an das Gefühl, es hier mit etwas Besonderem zu tun zu haben. Dabei machen HEIDRA eigentlich wenig Neues und auf die Offenbarung im Genre hoffe ich schon lange nicht mehr – braucht auch kein Mensch. Aber bei „Awaiting Dawn“ steht irgendwas zwischen den Noten, was anders und enorm ansprechend ist. Fans von Viking, Pagan und Folk Metal sollten sich HEIDRA auf die Liste setzen, von den Dänen wird man in Zukunft noch hören.
Die sind von Moonsorrow und Konsorten aber noch ganz ganz weit entfernt. Gefährlich dicht sind die zu keiner Zeit auch nur ansatzweise an denen dran.