Filmkritik - Heavier Trip – Road To Wacken

Review

Sechs Jahre nach „Heavy Trip“ wird es im Sequel heavier. So zumindest der Plan des Drehbuch- und Regieduos Juuso Laatio und Jukka Vidgren, die sich schon um den ersten Teil gekümmert haben. Jetzt fragen sich einige, ob diese Großspurigkeit (harte Mucke im Kino) gut für den Metal ist. Manche klappern sogar mit den Zähnen, weil sie befürchten, dass es den Metal salonfähig machen könnte. Spoiler: ist er teilweise schon. Dafür sorgen Festivals wie das Wacken, das in der Fortsetzung bereits im Titel steckt …

Darum geht es in „Heavier Trip – Road To Wacken“

Die Musiker von IMPALED REKTUM sitzen im Knast. Zwar ist es das schönste Gefängnis in Norwegen, doch ihrer Leidenschaft für Symphonic Post Apocalyptic Reindeer Grinding Christ Abusing Extreme War Pagan Fennoscandian Metal können sie da schlecht nachgehen. Trotzdem wollen sie ihre Strafe brav absitzen.

Erst die Nachricht, dass die Metzgerei der Eltern von Gitarrist Lotvonen (Samuli Jaskio) in Gefahr ist, bringt den Storystein ins Rollen. IMPALED REKTUM brechen kurzerhand aus, um den Familienbetrieb zu retten. Nicht mehr ganz in der Hinterhand: ein (geplatzter) Deal über 50.000 Euro und ein Auftritt beim legendären Wacken Open Air. Um den zu erneuern, müssen sie Maxwell Efraim Fisto (höhö, Mephisto) überzeugen.

Harder, faster, louder into the Rektum!

Im ersten Teil haben IMPALED REKTUM Chaos, Ärger und Zerstörung verursacht. Dafür stehen die kantigen Berge, der eiskalte Schnee, die tobenden Wellen, finsteren Wolken und brachialen Blitze, die uns das Intro in schönen Bildern zeigt. Und natürlich vertritt all das auch den extremen Metal wunderbar. Mit Klischees konnte schon der Erstling gut jonglieren.

Filmbild – Heavier Trip – Road To Wacken

Noch ein Klischee? Die Inspiration für einen neuen Song erhält Fronter Turo (Johannes Holopainen) von einer polternden Waschmaschine. Ja, die Jokes sind oft seichter als die Vocals im Power Metal, aber ein paar gute sind dabei. Dafür sorgt allen voran wieder Xytrax (Max Ovaska), der eigentliche Held der Filmreihe. Seine direkte, kühle Art amüsiert allein beim ikonischen „No“. Andere Kostprobe: „Wacken is an overcommercial festival for wannabe metalheads.“ Wo er recht hat.

Witzig ist es auch, wenn sie beim Ausbruch eine Stunde warten müssen, weil Xytrax erst seine DARK-FUNERAL-Kluft anziehen muss. Oder wie er im Tourbus von MOTORBLOOD als blinder Passagier über deren letztes Album herzieht. Gleichzeitig verdeutlichen die Szenen, wie platt der Humor von „Heavier Trip – Road To Wacken“ ist.

Trotzdem macht der Film durchaus Laune und funktioniert als Kurzweil gut. Absolut nervig sind hingegen Konzertszenen, die authentische Livemomente spiegeln sollen. Denn die Bewegungen und das Headbangtiming sind dermaßen neben der musikalischen Spur, dass es viel zu gestellt wirkt. Es genügt halt nicht, den Statist:innen zu zeigen, wie sie Pommesgabeln machen.

Auch der Backstage-Leichnam für Abbath macht wenig Sinn. Wieso gerade Abbath, die Ulknudel im Black Metal? Da würden andere Genrekollegen besser passen. Andererseits harmoniert das alles mit dem Grundthema: Metal und Mainstream. Doch es bleibt zu bezweifeln, dass die genannten Schwachpunkte entsprechend kalkuliert sind.

Wie Metal ist es, „nein“ zu Wacken zu sagen?

Anatole Taubman spielt Fisto wirklich grandios. Das ist ein Charakter, der einem vom ersten Augenkontakt an unsympathisch erscheint – und es auch bleibt, wenn er sich augenscheinlich nett verhält. Zum einen, weil „Heavier Trip – Road To Wacken“ sehr vorhersehbar ist, zum anderen, weil es diese nischegetarnten Lackaffen auch im (extremen) Metal gibt. „Vergesst das ‚Show‘ in ‚Showbusiness‘, es geht nur ums Business“, sagt Fisto beispielsweise. „Welcome to Fistoworld“!

Filmbild – Heavier Trip – Road To Wacken

Es ist wirklich interessant: Der Titel verleitet dazu, die Fortsetzung als Wacken-Promofilm zu vermuten. Genau das ist sie aber nicht. Jetzt stellt sich die Frage, wie das sein kann, denn selbstverständlich ist das Festival beteiligt. Es gibt sogar einen Auftritt von Thomas Jensen – der ist aber eher unfreiwillig komisch. Dass er den einen Satz dermaßen schlecht spielt, ist okay, aber dann ist die Szene auch noch so kernblöd geschnitten, als hätte er sich plötzlich in Luft aufgelöst.

Jetzt wissen wir jedenfalls, wie es im Mainstream-Metal hinter den Kulissen aussieht: Ein Typ liegt nackt auf einem Tisch und fungiert als atmende Sushi-Platte. Klar, dass sein Genital fälschlicherweise mit einem essbaren Würstchen verwechselt wird. Soll das den Backstagebereich beim Wacken darstellen? Und was soll der spärliche Campingplatz? So sieht es dort maximal in der hintersten Ecke aus, von der aus man Mittwoch loslaufen muss, um den Headliner am Samstag zu sehen. Ernsthaft, das Wacken kommt trotz Titelgebung ziemlich schlecht weg – lässt sich nicht mal als Selbstironie verbuchen.

So wirkt der Film selbst wie am Reißbrett entworfen, was ihn weit von Kreativität oder gar Kunst entfernt. Aber diesen Anspruch muss eine Komödie auch nicht haben, daher noch mal: „Heavier Trip – Road To Wacken“ macht insgesamt Spaß und punktet mit überraschend guten Darsteller:innen. Nur bleibt eben nix hängen, man muss ihn keinesfalls ein zweites Mal schauen und das Wacken-Thema hat einen merkwürdigen Beigeschmack.

BABYMETAL sammeln Punkte

Beenden wir das Ganze mit positiven Aspekten. Passend zum Mainstream-Thema tauchen BABYMETAL auf. Das sorgt für komische Momente, weil Xytrax die Musik folgendermaßen beurteilt: „This is the worst thing you can do to Metal.“ Trotzdem ist er total gefesselt von der Performance – bis plötzlich sein Fuß wippt. Die Sidestory ist sympathisch und hätte gern länger sein dürfen. Spin-off, hust: Xytrax und BABYMETAL gemeinsam auf Tour.

Filmbild – Heavier Trip – Road To Wacken

Auch die robuste, mehr als nur leicht „durche“ Gefängniswärterin und Ex-Soldatin (Helén Vikstvedt) ist ein cooler neuer Charakter, der Schwung in die Sache bringt.

Am Ende bleibt doch etwas hängen. Eine Weisheit: No sucking on Mustaine’s fingers!

05.11.2024

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