Heavatar - Opus II - The Annihilation

Review

„Opus II – The Annihilation“ nennen HEAVATAR ihr zweites Album, das erste nannten sie „Opus I – All My Kingdoms„. Die Band um Stefan Schmidt (VAN CANTO) und Jörg Michael (alle anderen) hebt zudem explizit hervor, klassische Motive in ihren Power Metal zu integrieren. Als Combo für die Kneipe um die Ecke sehen sich HEAVATAR wohl eher nicht. Die mittelalterliche Burg um die Ecke sollte es schon sein.

Und in jener macht sich „Opus II“ gar nicht mal schlecht. Zwar ist es yngwie kaum zu versteen, wie die Promo-Agentur 2018 auf die Idee kommt, den Klassik-Metal-Ansatz als neuartig zu verkaufen, aber geschenkt: HEAVATAR servieren professionell dargebotene, durchaus harte Stücke, die klassische Elemente eher als Zierde um den Hals denn als Klotz ans Bein gebunden bekommen haben.

HEAVATAR sind Profis

Dabei profitieren HEAVATAR davon, dass Sänger und Gitarrist Schmidt mit seinem VAN-CANTO-Background in der Lage ist, elegante mehrstimmige Gesangs-Arrangements inklusive einprägsamer Melodielinien zu präsentieren. Und davon, dass Jörg Michael, der Anti-Angelo Sasso in Person und zuletzt eher hinter den Kulissen tätig, immer noch einen ordentlichen Punch an den Drums hat. „Purpose Of A Virgin Mind“ zum Beispiel frisst sich schon nach kürzester Zeit ziemlich hartnäckig im Hirn fest und animiert durchaus zur beschwingten Bewegung.

Insgesamt betrachtet sorgt „Opus II – The Annihilation“ allerdings nur eingeschränkt für Herzrasen. „None Shall Sleep“ formuliert „Victory“ zwar derart bedeutungsschwanger, dass jedem Manowarrior trotz untruer moderner Produktion der Lendenschurz vibirieren sollte, in „Hijacked By Unicorns“ wird das Eiiiinhorn so langgezogen, wie es Kai Hansen nicht besser könnte und man fühlt sich alles in allem als einschlägig Geschulter nicht wie unter Fremden.
Um allerdings „An Awakening“ mit Gastsängerin schadlos zu überstehen, muss man sich schon lange gewünscht haben, dass es mal einen anständigen Titelsong für die Pilcher-Version der „Nebel von Avalon“ geben sollte. Und durch die turmhohen Wogen des abschließenden „The Look Inside (Orchestral Version)“, einer Art Metal-Fantasy-Score, werden sich auch nur ganz Hartgesottene eine knappe Viertelstunde lang zu kämpfen wissen, ohne im Kitsch abzusaufen.

„Opus II“ provoziert die Grundsatzfrage

Aber letzten Endes ist es natürlich alles eine Frage der Erwartungen: Möchte ich professionellen, sauberen, einprägsamen Metal für die große Bühne? Freue ich mich also über den lauten, aber polierten Beutezug durch den Märchenwald? Und ignoriere oder goutiere ich gar, dass man vermutlich der Ordnung halber das Hemd akkurat in die fleckenfreie Hose steckt?

Oder nehme ich das aufgemotzte Cover von „Metal Daze“ als letztinstanzlichen Beweis, dass der Spirit des wahren Metal sich ganz woanders befindet und freue mich auf das nächste schmutzige Klassentreffen zwischen Brande-Hörnerkirchen und Lauda-Königshofen? Und bestehe darauf, dass die Kutte nur getauft und nicht gewaschen wird?

Oder stehe ich dazwischen?

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10.02.2018

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