Havnatt - Havdøgn

Das norwegische Duo HAVNATT sollten sich jene Zeitgenossen vormerken, die getragene, folkloristische und nicht übermäßig fröhliche Musik schätzen. Mit „Havdøgn“ werden die Songs seiner ersten EP von 2006 wieder veröffentlicht, sämtlich neu abgemischt und neu gemastert, dazu noch um zwei neue Stücke ergänzt.

Das Schlüsselwort lautet hier Atmosphäre. 2010 steuerten HAVNATT ein Lied zur famosen Compilation „Whom the Moon a Nightsong Sings” bei, die jenem „namenlosen Genre“ gewidmet ist, in dem zumeist mit akustischer Instrumentierung Motive der Natur, der Nacht und der Innerlichkeit umgesetzt werden. Darin können HAVNATT sich Bands wie TENHI, NEUN WELTEN und LÖNNDOM verbunden wissen, klingen aber entschieden eigenständig. Sicherlich ist die Musik auf „Havdøgn“ von Folklore inspiriert, sie imitiert diese aber nicht, und um Neofolk handelt es sich erst recht nicht. Eher schon steht sie dem klassischen Kunstlied nahe, was besonders deutlich wird, wenn Cecilie Langlies traumhafter Gesang vom Piano begleitet wird. Dieser ist mit Recht das bestimmende Element dieser Aufnahmen und wird zumeist mit Tom Simonsens Akustikgitarrenspiel unterlegt, das diese Lieder klar und unaufdringlich trägt.

„Havdøgn“ wirkt herb und kühl, und während ich bei skandinavischer Folklore eher an Heimeligkeit und dampfenden Kakao denke, wird man hier auf eine Wanderung über karge norwegische Hochebenen und an schroffen Küsten entlang mitgenommen, über denen wolkenverhangene Berge thronen (siehe Cover). Die weit ausladenden Kompositionen muten auch etwas doomig an, was insofern nicht verwunderlich ist, als die beiden Musiker auch bei den Doom- bzw. Gothic Metal-Bands SKUMRING und VAGRANT GOD unterwegs sind. Mit diesen sollten sich übrigens Leute beschäftigen, die Musik in der Art der alten THE 3rd AND THE MORTAL vermissen.

Zurück zu HAVNATT: insgesamt würde zwar noch etwas mehr Wiedererkennungswert den Stücken nicht schaden, aber dafür handelt es sich auch um Kompositionen, die Tiefe und Ausstrahlungsvermögen besitzen und einen nicht ohrwurmartig überfallen. Bitte mehr davon!