Haunted Plasma - I

Review

Manchmal sorgen Etikettierungen, aber auch die Selbsteinschätzungen der tätigen Künstler dafür, dass man als Hörer jegliches Interesse unmittelbar verliert, bevor überhaupt auch nur ein Ton des zu besprechenden Werkes gehört worden ist. Mit einem Double Whammy dieser Sorte schlagen HAUNTED PLASMA mit ihrem schlicht „I“ betitelten Debüt zu. Zum einen verliehen die Promo-Götter diesem Werk im Verteiler das Etikett „Futuristic Metal/Post-Rock“, zum anderen sprechen die Musiker hierhinter lt. Presseinfo selbst davon, dass sie befreite Futuristen seien, die nach freiförmigen, natürlichen Kompositionen suchten welche die gnadenlosen Mächte kosmischer Schöpfung spiegelten.

Die Zukunft also, soso …

Bringen HAUNTED PLASMA die Zukunft?

Solche Formulierungen wecken üblicherweise sofort den inneren Skeptiker. Jetzt muss man dem Trio hier zugegeben ein Stück weit entgegenkommen, denn auch wenn speziell die Selbstdarstellung etwas hochgegriffen und – so sie denn den Künstlern entstammt – eingebildet scheint, so kommt sie nicht von ungefähr. Hier stecken nämlich Musiker aus dem Dunstkreis von u. a. ORANSSI PAZUZU, GRAVE PLEASURES und KAUKOLAMPI dahinter, sodass es durchaus experimenteller werden kann. Aber gleich vorneweg: Das „Post-Rock“-Tag, das oben angerissen worden ist, sollte man ein bisschen cum grano salis nehmen. Denn zwar sind solche Elemente durchaus anzutreffen, aber sie treten nicht vordergründig in Erscheinung.

Gerockt wird dennoch im ausreichenden Maße. Beispielhaft eröffnet „Reverse Enigneer“ mit einem Unterboden aus retro-futuristischen Synths, über die warm angezerrte Gitarren hinübergleiten. Förmlich darunter legt sich Spoken Word-artiger Gesang, unter dem der Song allmählich anschwillt, bis die unvermeidbaren Bratgitarren schließlich hereinbrechen. Das Ganze hat was von TID, speziell deren EP „Fix Idé“. Und angenehme 80er Gothic-Vibes breiten sich schließlich mit Einsetzen des Gesangs des gastierenden Mat McNerney (HEXVESSEL, GRAVE PLEASURES) in der zweiten Hälfte des Tracks im Äther aus, was den Opener zu einer eindrucksvollen Werkschau der Stimmungsmache macht.

„I“ kocht letztlich auch nur mit gegenwärtigen Wassern

Aber HAUNTED PLASMA servieren eben auch nichts, was man nicht schon irgendwo anders gehört hat. Das folgende „Machines Like Us“ setzt auf die retro-futuristischen Gothic-Vibes noch mal einen drauf, weiterhin mit McNerney als agierender Gastsänger, aber mit treibenderem Rhythmus legen sich die Synths repetitiv unter das Geschehen, sodass sich gewisse Kraut-Einflüsse nicht abstreiten lassen. Die stimmungsvollen Gitarrenarabesken leisten ganze Arbeit, um dem an sich repetitiven Track mit auditivem Wohlgeschmack auszukleiden, sodass es nicht langweilig wird. Aber das hat man eben doch schon durchaus auch schon kompromissloser gehört, siehe H E X.

Tja, und im weiteren Verlauf wird mehr oder weniger auf diesen etablierten Elementen aufgebaut. „Spectral Embrace“ ersetzt McNerney durch vocodierten Sprechgesang im Sinne eines Midtempo-Stampfers, der tatsächlich verdächtig nach einer Light-Version von H E X klingt. „Echoes“ fährt den Grad an Aufregung komplett herunter und kommt dadurch einer Schlaftablette gleich, da die erneut auftauchenden Vocoder-Vocals einfach null Charme innehaben, gerade wenn sie das primäre Sprachrohr eines Songs sein sollen. Und im abschließenden „Haunted Plasma“ wird es noch mal treibend und krautig, wobei die Gitarre hier bisweilen angenehm entfesselt aufspielt, was nette Post-Punk-Vibes in die Geschichte hinein bringt.

Doch vielleicht lässt sich aus dem Getanen lernen …

Also: Das Thema haben die Finnen ein Stück weit verfehlt, was nicht weiter wundert, da „Zukunft“ eben ein großes Wort ist und – zumindest wenn man sich nicht gerade als ONKELZ-Einzeller durch die Musiklandschaft bewegt – deutlich mehr als nur Synthesizer bedeutet. Im Grunde liefern die Herren hier nichts anderes als das, was man angesichts ihrer Vitae von ihnen erwarten konnte, wobei „I“ sich nicht so richtig entscheiden kann, ob es jetzt zugänglich („Reverse Engineer“, „Machines Like Us“) oder eben kompromisslos krautig („Haunted Plasma“) sein möchte. Das muss die Band für sich noch ausloten. Von hier an kann der Sound dann aber sicher gewinnbringend weiterentwickelt werden.

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25.05.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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2 Kommentare zu Haunted Plasma - I

  1. blackthrash sagt:

    hab ich was verpasst? 6/10 ist eher Müll, mir gefällt das Album und am Wochenende flattert die Vinyl rein.

    8/10
  2. doktor von pain sagt:

    6/10 ist eher „ganz okay“, würde ich sagen. Mir gefällt das, was ich bisher von dem Album gehört habe, aber auch besser.