Wie bitte? Melodic Death Metal aus Norwegen? Wo gibt’s denn sowas? Okay, vielleicht ein wenig platt als Beginn für eine Rezension, aber sind wir ehrlich: Mit dieser Stilrichtung assoziieren die meisten Metalheads wohl eher die direkten Nachbarn in Schweden. HAUNTED BY SILHOUETTES aus Trondheim gibt es sogar schon seit 2013, zwei Alben haben sie auch bereits veröffentlicht – allerdings weitgehend unbemerkt von der internationalen Szene. Für die neueste EP „No Man Isle“ wurde sich jetzt nicht nur ein plakatives Cover Artwork besorgt, sondern auch ein nicht ganz unbekannter Gastsänger.
HAUNTED BY SILHOUETTES – Strandspaziergang im Norwegerpulli
Der Opener „Flock“ kommt, nach dem kurzem Intro „Departure“ aber noch komplett ohne Gastgesang aus. Hier darf Fronter Mathias Jamtli Rye erst einmal zeigen, was er drauf hat: Hochenergetisches und eher modern ausgerichtetes Shouting, das den direkt los bretternden Song noch einmal ordentlich nach vorne pusht. Dafür braucht er nicht mal ein großes Publikum, denn das Video beweist, dass es auch mal reichen kann beim winterlichen Strandspaziergang im Norwegerpulli die Fluten anzubrüllen. Cool!
Stilistisch halten die Norweger eher wenig Überraschungen bereit, so hält sich die Melange auf „No Man Isle“ recht nahe an Vorbilder wie aktuelle DARK TRANQUILLITY, IN FLAMES zu Zeiten von „Come Clarity“ oder „A Sense Of Purpose“ und teilweise auch an SOILWORK. A propos – natürlich darf auch er nicht Fehlen, der unvermeidliche Gastauftritt von Björn „Speed“ Strid. Das klingt jetzt negativer als sein Beitrag in „Selkie“ tatsächlich ist, aber der gute Mann singt eben gefühlt doch irgendwie an jeder Steckdose.
Wie zu erwarten veredelt Strid auch den Sound von HAUNTED BY SILHOUETTES ganz erheblich. So entwickelt „Selkie“ sich schnell zur eingängigsten Nummer der Vier-Track-EP, das simple aber effektive Piano-Hauptthema fräst sich außerdem fix in die Gehörgänge und setzt sich dort fest. Die Shouts von Mathias Jamtli Rye bilden dabei zwar einen Kontrapunkt, büßen aber im Vergleich zum Opener einiges an Bissigkeit ein.
Die übrigen zwei Songs, „Icon“ und insbesondere der Titeltrack fallen im Vergleich mit den beiden Singles qualitativ leider deutlich ab, sind bestenfalls Melo-Death-Standardware und sind ziemlich schnell wieder vergessen. Immerhin: Das Solo gen Ende des Rausschmeißers macht noch einmal ordentlich was her und man fragt sich unweigerlich, warum der Leadgitarre nicht insgesamt mehr Raum gegeben wurde.
Noch so eine Melo-Death-Kapelle – „No Man Isle“
Nachdem die ersten beiden Alben in Eigenregie bzw. über ein lokales Kleinstlabel veröffentlicht wurden, möchten HAUNTED BY SILHOUETTES nun offenbar höher hinaus, mit Eclipse Records haben sie jetzt auch einen Labelpartner an ihrer Seite. So viel falsch machen die Norweger auf „No Man Isle“ auch nicht, zumal sie mit „Selkie“ einen ziemlichen Hit an Bord haben. So viel zur Habenseite.
Auf der Sollseite steht erst einmal, dass der Hit vor allem von Gastsänger Strid lebt. Zwei von vier Nummern sind außerdem eher absoluter Genre-Standard, den man auch schon besser dargeboten bekommen hat. Im Moment gilt daher: Ja, HAUNTED BY SILHOUETTES sind noch so eine Melo-Death-Kapelle die Göteborg huldigt. Kann man machen, muss man aber auch nicht unbedingt.
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