Wenn eine Band wie die sehr geschätzten HAREM SCAREM mit „United“, dem 15. Album, vorstellig wird, dann wird des Rezensenten Vorstellungskraft gefordert: Was könnte über „sicheres Ding wie immer“ hinaus von Interesse sein?
Zuerst einmal bringt es der Melodic Rock von HAREM SCAREM wie gehabt auf wundersame Weise fertig, eine glitzernde Schwäche für AOR gestehen zu müssen, ohne Gefahr zu laufen, in jeder Windung im Kitsch auszugleiten. Harry Hess dehnt die Vokale jedes zielsicher angesteuerten Refrains zwar in diesseits der 80er eigentlich verbotener Manier – er wirkt dabei aber nie aufgesetzt schmachtend oder hormongesteuert gockelnd. Cock Rock geht anders (obwohl HAREM SCAREM schon eher Minnesänger als Anarcho-Punks bleiben).
HAREM SCAREM sind keine Rummelplatz-Halbstarken
Und zum anderen verhindert der famose Gitarist Pete Lesperance mit zupackenden Riffs und flüssigen, nicht effektheischenden Soli, dass HAREM SCAREM sich auf „United“ in musikalischer Zuckerwatte verfangen. Natürlich muss man eine Schwäche für diese Art der Rockmusik haben und mindestens 40 oder so sein, um hier ins Schwärmen zu geraten, aber: Diese Band besteht erkennbar aus Musikern, nicht aus klebrigen Rummelplatz-Halbstarken oder gar Clowns. So viel zum Grundsätzlichen. Alle mit potenzieller Begeisterung für eine gesetztere Version von aktuell meinetwegen H.E.A.T machen hier seit Jahrzehnten alles richtig.
„United“ funkelt, strahlt bisweilen
Im Detail ist festzuhalten, dass Schlagzeuger Darren Smith wieder dabei ist und einige lässig-schmachtende Backing-Chöre beisteuert. Und dass „United“ sich zwar nicht regelrecht lodernd, doch funkelnd und bisweilen strahlend in der oberen Hälfte des Werks der Kanadier platziert.
Als ein Hit kristallisiert sich „Gravity“ heraus, dessen Refrain sich energisch im Ohr festsetzt und das Pete Lesperance mit einem typischen „SLASH ohne Oberkörper frei“-Solo garniert. Oder auch „The Sky Is Falling“, dieser verdammte Arme-Schwenker über den Rollercoaster of Life.
Tja. Fun Fact außerdem: Beim Intro von „Here Today Gone Tomorrow“ fühlt man sich für eine Sekunde an selbiges von PRIESTs „Night Crawler“ erinnert. Wer hätte es gedacht.
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