Hangmen - Rottweiler (Promo)

Review

Kennt das noch jemand? An Fasching, an Geburtstagen von Lehrers Liebling oder auch als alltägliche Alibi-Unterrichtsstrategie bei Erschöpfen der pädagogischen Kreativ-Kapazitäten – da wurde an der Tafel „Hangman“ gespielt, vorzugsweise Schüler gegen Lehrer. Wie Malen nach Zahlen für ‚Glücksrad‘-degenerierte Rätselmatadore: Für jeden vergeigten Rateversuch der enthaltenen Lettern in der vom Gegner heimtückisch ausgeklügelten Buchstabensuppe dem Tod durch den Strang einen Strich näher… Langen Präludiums kurzer Sinn: Dieses schlichte, aber unterhaltsame Spielchen kann durchaus Parallelen zu der Band aufweisen, die allerdings der Pluralität aller Dinge huldigt und folglich unter dem Namen „Hangmen“ firmiert: Der 1998 als Grindcore-Band konstituierte Sechs-Köpfer vergnügt sich mittlerweile mit einem röhrenden Hard-/Metalcore-Gemisch, das wie die Nachwehen der schmerzhaften Neuen Deutschen Härte gegen Ende des vergangenen Jahrtausends wirkt. Eine muntere Produktion verschafft dem proletarischen „Ihr-vs.-Wir“-Brutalo-Habitus überhaupt Gehör, die käseknusttrocken in den Sound zementierte Drumarbeit beschränkt sich auf zeitweise unerträglich banales Trittbrettfahren auf den Gleisen der Gitarrenbahn, die aber ihrerseits auch weniger für spektakuläre Entgleisungen sorgt. Dünnbrett-pulende Textphrasen wie „Die Welt macht den Arsch hoch und alle glotzen zu“ sprechen Bände und nicht unbedingt für die deutschsprachige Beredsamkeit des Texters. Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, dass die englischen Texte dieses Niveau zu überbieten vermögen (da dem ohnehin erstaunlich mager ausgefallenen Promoschrieb weder Booklet und Cover, geschweige denn Lyrics oder Titelnamen beigefügt wurden, beschränkt sich mein Background auch leider nur auf die hochinteressante Geschichte der Band). Die Erwartung an die Stimme werden im Prinzip voll und ganz gedeckt – sind sie schließlich ob des Rests der Musik auch nicht sonderlich hoch gesteckt: Ein ausreichend entmenschtes, zigspurig aufgeplustertes Sprechgrunzen (aber auch nur das!) korrespondiert in hellen Momenten mit wehmütigen Richthofen-Reminiszenzen („Nightmare-Overkill“). Das übrige Pfund Rockability kann letzt glücklichen Endes auch nur in tempointensiveren Phasen beintreibend kaschieren, dass es ihm doch erheblich an Innovation magelt. – Zusätzlich zu der 5-Track-Audio-CD gesellt sich noch ein leidlich gelungenes Video-Feature, das die Songs „Rottweiler“ und „Nightmare-Overkill“ in mehr oder minder spektakulärer Weise bebildert. All dies und Samples sämtlicher Songs sind auf der Website der Band zu begutachten. – Und die Parallelen zu dem eingangs erwähnten Pennäler-Spielchen? Unterhaltsamer, nach kurzer Zeit ermüdender Zeitvertreib ohne Tiefgang, auch für schlichte Gemüter. Trotz allem rockt der Stoff zuweilen gut den ein oder anderen Kampfhund aus dem Kamin – aber dafür reicht’s ja selbst bei den Onkelz…

19.09.2002

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