Hands - Caviar Bobsled

Review

Der eher unauffällige Name HANDS hievt zunächst einmal keine Braue in die Höhe, der Albumtitel weckt dafür umso mehr Interesse: „Caviar Bobsled“ ergibt nämlich überhaupt keinen Sinn. Wie mag wohl eine Band klingen, die ihre Platte „Kaviar-Rennschlitten“ nennt? Die Antwort: Konfus. Virtuos. Verspielt. Richtungslos. Mutig. Originell. Schräg. Einzigartig. HANDS scheren sich einen Dreck um Strophe-Refrain-Schemata oder sonstige musikalische Konventionen, wissen aber trotzdem genau, was sie tun. Das ist auch nötig, denn von den 19 Musikern, die im Laufe der Zeit bei dem Musikerkollektiv aktiv waren, sind acht auf „Caviar Bobsled“ zu hören. Erstaunlich ist, dass die Texaner derart nach britischem Prog Rock aus den Siebzigern klingen. Und damit sind nicht die üblichen Verdächtigen GENESIS, PINK FLOYD und YES gemeint, sondern vor allem GENTLE GIANT! Einst bestritten HANDS gar deren Vorprogramm. Garniert mit dem kauzigen Flair der klassischen JETHRO TULL entsteht eine extravagante Musik.

Dabei nimmt man vieles zunächst gar nicht wahr, weil „Caviar Bobsled“ so zurückhaltend ist. Bei „Like Me“ wird das allerdings übertrieben; der Song kommt dann doch zu brav rüber. Das kann man verschmerzen, denn direkt danach drehen HANDS richtig auf: „Into The Night“ ist ein düsteres, spannendes Cello-Solo, „Shards“ beeindruckt mit seinem Satzgesang und einer herrlichen Fortführung der Grundmelodie durch das Cello. Das Ein-Mann-Instrumental „Alis Volat Propiis“ kann man als ein fragiles Kunstwerk aus dynamischen und ruhigen Passagen beschreiben.

Es passt überdies zu HANDS, dass der abschließende, überwiegend instrumentale Longtrack „Busy Signal“ eben nicht der Höhepunkt von „Caviar Bobsled“ ist, wie das sonst bei Prog-Rock-Bands gerne mal der Fall ist. Das von Kastagnetten (!) verzierte „Talking Points“ beispielsweise ist mindestens eine Klasse besser!

Hauptkomponist Ernie Myers hat einige abwechslungsreiche, farbenfrohe Stücke entworfen, aber sein Gesang ist der Schwachpunkt dieses Albums. Ihm fehlt es an Ausdruckskraft, und er produziert zuweilen arg schiefe Töne, weil ihm schlicht und ergreifend die Luft ausgeht. Vielleicht wäre das Integrieren eines hauptamtlichen Sängers eine Option? Rein musikalisch jedenfalls setzen HANDS ihre Vorstellungen mit Überzeugung und Begeisterung um und haben mit „Caviar Bobsled“ in fünf Jahren mühevoller Kleinarbeit ein Album geschaffen, das ständig sein Gesicht ändert. Es ist ein Erlebnis, zu verfolgen, wie aus einem Sammelsurium von über 60 Instrumenten ein eigener Mikrokosmos entsteht. Ein heißer Tipp für Prog-Perlentaucher wie auch für Prog-Fans, die wissen wollen, was es abseits des Mainstreams zu entdecken gibt.

09.11.2015
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