HAMFERÐ veröffentlichen nach sechs langen Jahren ihr neues Album „Men Guðs hond er sterk“, das auf „Támsins likam“ (2018) folgt.
„Men Guðs hond er sterk“ – die Rückkehr von HAMFERÐ
Mit ihrem letzten Album „Támsins likam“ endete die von HAMFERÐ in umgekehrter Reihenfolge erzählte Trilogie der ersten drei Veröffentlichungen. Eine Sage, die von Verlust und den Schattenseiten der Seefahrt handelt. Ein Thema, das die Band von den Färöern seit Anfang begleitet und ebenfalls „Men Guðs hond er sterk“ prägt.
Die lange Veröffentlichungspause ist sicherlich dem geschuldet, dass ihr äußerst talentierter Sänger Jón Aldará zusätzlich mit IOTUNN, neben BARREN EARTH, vielbeschäftigt ist.
Eine wahrlich düstere Geschichte
Die Geschichte, die „Men Guðs hond er sterk“ zugrunde liegt, ist wahrlich düster und trug sich 1915 im Dorf Sandvik auf den Färöern, dem Heimatort von Keyboarder Esmar Joensen, zu. HAMFERÐ erzählen davon, wie 14 Männer des Dorfes starben, als sie in der stürmischen Bucht Wale an Land trieben und die Dorfbevölkerung von der Küste aus Zeuge der Tragödie wurden. Eine traurige Geschichte über Durchhaltevermögen, Angst, Willenskraft, Zweifel, Tod, Verlust und Trauma. Eine Katastrophe, die tiefe Narben hinterlassen hat. Die Trauer ist im atmosphärischen Doom Metal von HAMFERÐ greifbar.
Es steckt schon in ihrem Bandnamen: „Wenn man jemanden in Hamferð sieht, sieht man seine Erscheinung„, erklärt Theodor Kapnas (Gitarrist und Produzent). „Meistens sind es Ehefrauen, deren Männer auf See sind und die sie mitten in der Nacht triefend nass im Türrahmen gesehen haben. In der Folklore ist dies normalerweise eine Warnung, dass etwas Schlimmes passieren wird, und es gibt mehrere dokumentierte Fälle, in denen dies 1915 in Sandvik geschah. So schließt sich für uns gewissermaßen der Kreis.“
Die musikalische Umsetzung des Konzepts
Aufgenommen wurde „Men Guðs hond er sterk“ im Studio Bloch in Tórshavn, wobei die Band ohne Click-Track gemeinsam live spielte. Dadurch hat das kraftvoll-emotionale Werk einen besonderen Groove und Dynamik, eingebettet in einen warmen, organischen Sound.
HAMFERÐ verbinden den lyrischen Inhalt, vorgetragen wieder in der einzigartigen Diktion der färöischen Sprache, und die musikalischen Arrangements zu einer Einheit. Sie zeichnen im Kopf des Hörers erschütternde Bilder, vom Kampf gegen die Naturgewalten wie der Vision von ertrunkenen Toten, was dem Album Spannung, Tiefe und Atmosphäre verleiht. Gleichzeitig zeigt sich „Men Guðs hond er sterk“ vielfältiger und abwechslungsreicher als die bisherigen Veröffentlichungen der Band.
Der schwere Opener „Ábær“ handelt davon, in einem Ruderboot durch einen Hurrikan zu fahren und zu überleben. Passend dazu zeichnen tiefe und erdrückende Töne ein grausiges Bild. Die rauen, kehligen Growls kämpfen gegen die pure unbändige Kraft der Natur, der einnehmende Klargesang ist melodisch wie gefühlvoll traurig in Erwartung dessen, was unvermeidbar scheint. Aldará verstärkt mit seinem Organ die emotionale Wirkung der Musik. Zwischen abgründig erdrückendem Death Doom und melodisch epischem Doom Metal, unverkennbar HAMFERÐ. „Rikin“ ist schleppender und schwerer, die Melodien vertrackt, mehr Clean Vocals, die Atmosphäre dicht. Das grausige Leiden wirkt greifbar. Das balladeske „Marrusorg“ danach ist zarter, zerbrechlicher, emotionaler, gleichzeitig sanft wie rau. Weiter langsam, geprägt von unterschiedlichen Klargesängen, ja Klagegesängen, melancholische Melodien.
Das düster abgründige, traurig-melodische „Glæman“ ist noch schmerzvoller, noch dramatischer. Die Realität des Geschehens martert die Seelen der Zeugen wie der Unglückseligen. Aufbrausend gleich einem unbändigem Sturm beginnt „Í hamferð“. Hier halten erste Elemente des Post Metals Einzug, die dem Sound von HAMFERÐ eine weitere Dimension verleihen. Der nachdenkliche Klargesang in Kontrast zu den hasserfüllten harschen Vocals, die dem Stück etwas Black Metal geben, halten den Spannungsbogen. Der fällt mit „Fendreygar“ mit seinem Post-Metal-Ansatz leider wieder ab. „Hvølja“ fügt dem Ganzen etwas Sludge hinzu. Schwerfällig, Gitarren mit viel Fuzz, angespannte Harmonien, tiefe Growls, hier kommt die härtere, kantigere Seite von HAMFERÐ zum Tragen. Verzweifelter, zerrütteter Death Doom Metal, rauer und dreckiger als alles, was die Färinger bisher aufgenommen hatten. Der beunruhigende Titelsong schließt „Men Guðs hond er sterk“ ab. Die enthaltenen Spoken Words stammen von einem verbliebenen Überlebenden der Katastrophe aus einem Radiointerview aus den 1950er Jahren. Das Stück ist natürlich wichtig für die erzählerische Wirkung des Albums, funktioniert aber nur in diesem Kontext.
Verglichen mit „Támsins likam“ sind die neuen Songs auf „Men Guðs hond er sterk“ etwas kompakter ausgefallen. Die Stilvielfalt wurde dennoch erweitert, so hat inzwischen, zumindest dezent, etwas Post Metal Einzug gehalten. Weniger Growls, weniger Death Metal, dafür vielfältiger und organischer.
Mit „Men Guðs hond er sterk“ ist HAMFERÐ ein tiefschwarzes, emotional fesselndes Album gelungen, voll atmosphärischer Tiefe und tragischer Melancholie.
Nachdem mich Ahab mit ihrem letzten Release doch recht enttäuscht hatten, was primär am Sound lag, und Funerals letzte Platte nunmehr auch wieder drei Jahre alt ist, bin ich froh, mit Hamferd den Garanten für allerfeinste Death/Doom Mucke auf der produktiven Seite zu wissen. Will sagen: sehr geiles Album!
Hallo Markus und Clutch Nixon,
das Ding hatte ich ja nun für mich gar nicht aufm Schirm, weil seltsames Cover, seltsamer Titel……….
hatte daher erst gar nicht die Review gelesen – und bin erst durch den Kommentar von Nixon im Startseitenbereich neugierig geworden, da er die Scheibe vom Sound und Mucke noch besser findet, als die letzte Ahab – die mich ja völlig zerbröselte und die ich schon hunderte Male rauf und runter hörte und zig Leuten im Haus vorführte – die hinterher alle scharf drauf waren und begeistert.
OK, also die Review gelesen – und genüßlich mit den Ohren die Musik gelutscht.
Das ist ja ganz mein Dingen- wirklich toller Sound, Melodien, Mega Konzept – und die Bilder von den Musikern durchweg symphatisch vom Auftreten und so gar nicht typisch in dem Genre.
Wow!
Vom Sound ist die Produktion nicht ganz so ausgereift wie die Ahab – die da noch etwas mehr Bühne aufreißt und differenzierter und mit mehr Luft zwischen den Instrumenten daherkommt – evt. gefällt Nixon aber, daß der Gesang halt lauter und klarer bei der Hamferd erscheint – die Ahab konzentriert sich mehr auf die Gewalt der Klampfen, was mir halt als Ex Gitarrist sehr zugegen kommt.
Aber insgesamt wirklich toll das record – da wurde alles richtig gemacht und die Mucke ist ein Burner – abwechslungsreich, tiefgreifend, theatralisch, dramatisch – auch der sehr abwechslungsreiche Gesang – superduper!
Die Gitarren wurden etwas entschärft im Präsenzbereich und die Höhen etwas runtergefahren – das gefällt natürlich besonders Leuten mit analystischen und modernen Lautsprechern besser und fängt nicht das Knabbern am Ohrläppchen an.
Mann, ist das ein freitag, habe heute seit im 5 am Morgen schon ein halbes Dutzend neue Hammerscheiben gefunden und erst an der Spitze des Veröffentlichungsberges gekratzt – und dann gleich 3 Alben aus Bereichen, die ich eher selten anhöre und eigentlich nicht meine Hauptbaustelle sind. Dat is mal ein Dingen!
Die Hamferd sehe ich für mich persönlich gleich bei 10/10 .
Produktion sehr gut – und kann man nur geringfügig besser hinkriegen.
Musik innovativ, abwechslungsreich – und obendrein wird auch noch mein persönlicher Geschmack getroffen. Ich muß das Album nicht erst dreimal hören, um mich reinzufinden und werde auch von keiner Passage genervt, das sitzt alles gleich beim ersten Anprobieren und nimmt mich mit.
Als ich damals das erste Mal die Ahab The Coral Tombs hörte, war das gänzlich anders, da brach ich den Erstkontakt nach dem zweiten Track ab und fühlte mich überrollt. Rufus im KK Forum machte mir dann klar, ich muß der Kiste Zeit geben und das in nem ruhigen Moment und ohne Erwartungen angehen – und so wars dann auch und fiel mir von Durchlauf zu Durchlauf mehr wie Schuppen von den Augen – das erlebe ich nun bei Hamferd nicht, paßt gleich für mich alles zusammen und gibt nen Schuh.
Ich wünsch euch ein geiles Wochenende und laßt es krachen! Eigentlich wollte ich heute die Roadhouse Neuverfilmung bei Amazon Prime schauen, das kann ich wohl knicken , der Tag hat bei weitem nicht genug Stunden für die neue Mucke, die anrollt. 🙂 Luxusproblem eben!
Danke Werner, das wünsche ich dir auch! Viel Spaß beim Muckehören
Mahlzeit Werner,
so ein schöner langer Kommentar (aus dem zu erlesen ist wieviel Freude dahintersteckt) verdient Resonanz: Ich wünsche Dir auch viel Spaß beim Hören und bleib so wie Du bist. 🙂
Danke Marc und Clutch,
in der Tat steckt da viel Freude beim Hören dahinter –
ich schrieb da auch ein paar Postings zu im Betreuten Hören:
https://betreutes-hoeren.de/Forum/showthread.php?tid=240&pid=9135#pid9135
Wenns euch bockt und so umtreibt, was ich mir so den ganzen Tach (und Nacht) reinziehe an Ohrenspülungen –
in dem Thread schreibe ich quasi täglich Empfehlungen aus allen Bereichen der Rock und Metalmucke.
Der Spezialist, den ich im KK Forum hatte für den Bereich Death, Black , Trash samt 1000 Unterarten ist leider im BT Forum nicht mehr dabei , das war der Rufus, den vermisse ich, was hat der alles ausgegraben!
Laßts krachen Jungens! (und Mädels) 🙂
Mich täts freuen, wenn sich noch Leuts drüben im BT Forum anmelden und wir über Rock Mucke schwätzen könnten – hier ist ja leider kein Forum enthalten – und ich hab keinen Plan, ob es gerne gesehen wird, wenn wir hier unter den Rezis off topic kommen oder es gar problematisch erscheint, da man weder gescheit zitieren noch Bildchen einstellen kann.
Ich versuch halt in der Hifi Forenwelt seit 2000 – und das damals durch verschiedene Foren – die Fahne für die Rock Mucke hochzuhalten – da das mein Lebenselixier ist. Wirklich von Kleinkind auf an hat mich nie was mehr interessiert und fasziniert als Musik.
Meine Eltern konnten gar nich so schnell Instrumente beischleifen, wie ich lernen wollte:)
Wär ja evtl. auch geil, wenn man sich mal trifft oder auch – was mich immer interessiert – über die Abhören – der Rockfans – schwätzt.
Ich bin dann mal ne Runde headbangen mit Kater Leon – es läuft gerade die neue Hammer King – auch was Feines!
Sehr stark, besser als Támsins likam.