Jede Band hat ihre Geschichte. Manchmal sticht diese besonders heraus und muss einfach erzählt werden, wenn sie nicht sogar durch die Musik hörbar wird. HALLATAR würde es ohne einen tragischen Verlust nicht geben. Denn mit diesem Album möchte Juha Raivo seiner verstorbenen Lebensgefährtin Aleah Stanbridge gedenken und ihren Tod verarbeiten.
Juha dürfte einigen als Gründungsmitglied und Hauptsongwriter von SWALLOW THE SUN bekannt sein, jener finnischen Death-Doom-Band, die seit über fünfzehn Jahren bittersüße Hymnen ganz im Stile von MY DYING BRIDE produziert. Vor einem knappen Jahr erschien zudem das Debüt von TREES OF ETERNITY, dem Ergebnis der Zusammenarbeit von Juha mit Aleah, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung jedoch bereits seit einigen Monaten verstorben war, wodurch das Album zu ihrem Vermächtnis wurde.
Das letzte Geleit
„No Stars Upon The Bridge“ ist hingegen die Elegie des trauernden Hinterbliebenen. Die Musik entstand in einigen Wochen nach Aleahs Tod, in denen Juha sich die Trauer von der Seele schrieb. Er sammelte Gedichte aus der Feder Aleahs und kreierte dazu Lieder, die wie pechschwarze Brocken den Zuhörer niederdrücken und in ihren hypnotischen Bann ziehen. Dazu erschallt die Stimme von Tomi Joutsen, der auch bei AMORPHIS am Mikro steht, dort aber niemals so finster und verzweifelt sang und krächzte, wie er es beim Opener „Mirrors“ tut. Tomi war Juhas erste Wahl, ebenso wie Gas Lipstick, ehemals bei HIM, der mit sparsamen aber chirurgisch perfekt platzierten Schlägen unter die Haut des Zuhörers fährt. Trotz aller Dunkelheit, allgegenwärtig sind die feinfühligen Melodien, die einen zerbrechlichen Rest an Trost bewahren. Ankreiden könnte ich höchstens, dass das Album durch ein paar Zwischenstücke gestreckt wird, wären darunter nicht Perlen wie „Severed Eyes“.
Den weiblichen Gesang steuert fast ausschließlich Heike Langhans von DRACONIAN bei, die nach einigen Jahren bei den schwedischen Death-Doomern hörbar genügend Erfahrung mit dieser Musik besitzt, um auch „No Stars Upon The Bridge“ zu veredeln. Vervollständigt wird das Ensemble durch Fursy Teyssier (LES DISCRETS), der zwar keine Musik, aber ein wunderschönes mehrdeutiges Albumcover beigesteuert hat. Zum letzten Song „Dreams Burn Down“ ist schließlich noch einmal der Gesang von Aleah Stanbridge zu hören, ein letzter Gruß an die Verstorbene.
Hoffnung ist nur ein Wort
Natürlich erfinden HALLATAR das düster-doomige Rad nicht neu, lassen es aber mit aller Konsequenz in die finstere Tiefe der Seele rollen, in der Hoffnung allerhöchstens ein Wort ist, das schwache Erinnerungen an schönere Tage weckt. Für all jene, die ebenfalls über eine Brücke in der Finsternis gehen müssen, über der alle Sterne verloschen sind, bleibt letztlich nur der Trost, dass sie mit ihren Gefühlen nicht alleine sind – sonst würde es Alben wie dieses nicht geben.
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