Nachdem man vor zwei Jahren in den kargen Weiten Russlands gewütet hat, führt der Weg dieses Mal noch weiter nach Osten bis in die Endlosigkeit des Pazifischen Ozeans – HAIL OF BULLETS sind mit ihrem zweiten Langeisen „On Divine Winds“ zurück auf den (historischen) Kriegsschauplätzen dieser Erde. Hatte man sich auf dem Debüt „…Of Frost And War“ mit dem Deutsch-Sowjetischen-Krieg (1941 bis 1945) beschäftigt, wenden sich die fünf Niederländer thematisch nun dem den gleichen Zeitraum umfassenden Pazifikkrieg zwischen Japan und den Alliierten unter Führung der USA zu und bewegen sich damit weiterhin im Kontext des größten und verheerendsten Konflikts der Menschheitsgeschichte.
Marschroute und Ausrüstung der alteingesessenen Todesblei-Größen um ASPHYX-Schreihals Martin van Drunen haben sich (fast) nicht verändert, man führt noch immer das gleiche Arsenal schwerer Waffen mit sich: Der Death Metal alter Schule kommt gradlinig und ohne technischen Firlefanz daher, die Produktion von Dan Swanö drückt, wie zu erwarten war, herrlich nach vorne und über allem bellt das unnachahmlich heisere Organ van Drunens.
Im Vergleich zum Vorgänger fällt jedoch auf, dass die Anzahl und die Vehemenz wirklich entfesselter Attacken (im Stile von „Red Wolves Of Stalin“ oder „Nachthexen“) leicht reduziert worden ist, die Lieder eingängiger und abwechslungsreicher sind. Subjektiv erscheint auch van Drunens Gesangsdarbietung (bewusst?) ein klein wenig gedrosselter. Das ist etwa daran festzumachen, dass leider kein einziges der zehn Stücke von einem seiner markanten Schreie eingeleitet wird – auf „…Of Frost And War“ war das bei jedem zweiten der Fall – und es diese über das Album verteilt auch seltener zu vernehmen gibt. Aber das soll der einzige schmale Kritikpunkt bleiben.
Überall auf „On Divine Winds“ findet man sie (erneut), die Riffs, die vor dem geistigen Auge zu tausendfach marschierenden Stiefeln, zum grässlichen Surren der Flammenwerfer, zum Maschinenlärm der Schlachtschiffe oder zum Sturzflug der Jäger werden: Nach dem großartig treibenden und süchtig machenden Auftakt „Operation Z“ (der japanische Angriff auf Pearl Harbor) künden Nummern wie das etwas vertracktere „The Mukden Incident“ und „Strategy Of Attrition“ vom drohenden Unheil eines noch größeren Konflikts, der dann in „Full Scale War“ hervorbricht. Das kurze „Guadalcanal“ berichtet nachfolgend akustisch angemessen – also heftig – von der zu Lande, zur See und in der Luft erbittert ausgefochtenen Schlacht, die als einer der Wendepunkte des Pazifikkrieges gilt und bei der allein auf japanischer Seite mehrere zehntausend Soldaten im Dschungelkrieg fielen.
Die aggressiven Strophen im sich ansonsten langsam, aber unerbittlich vorwärts fressenden, definitiven Album-Höhepunkt „Tokyo Napalm Holocaust“ donnern wie jene die tödliche Fracht bringenden Wellen der Bomber über den Hörer; man sieht förmlich die Feuerwalzen durch die Straßen branden – packender als in dieser Übernummer kann man Death Metal nicht darbieten. Mit seinem von Niedergang und Elend kündenden Tenor steht das Lied dem grandiosen „Berlin“ vom Vorgänger oder WINTERs Meisterwerk der Trostlosigkeit, „Into Darkness“, nicht nach.
Nachdem das sich noch einmal äußerst vehement, aber letztlich erfolglos gegen die Niederlage aufbäumende Quasi-Titelstück „Kamikaze“ (zu deutsch: „göttlicher Wind“) verklungen ist, bildet das von der sich in der unfassbaren atomaren Hölle von Hiroshima und Nagasaki manifestierenden Niederlage kündende „To Bear The Unbearable“ – unterlegt vom damals über Rundfunk gesendeten Kapitulationserlass des japanischen Kaisers – einen beklemmenden, langsam leiser werdenden und schließlich gänzlich verstummenden Schlusspunkt des Achtundvierzigminüters.
HAIL OF BULLETS gelingt es erneut, die abscheulichste Fratze unseres Menschseins in einem eindrucksvollen Death-Metal-Album zu vertonen. Die von Millionen Betroffenen durchlebten Emotionen, der Wahnwitz des Krieges, werden auf „On Divine Winds“ greifbar. Das Album mag von einem anderen, weniger eisigen Kriegsschauplatz als sein Vorgänger „…Of Frost and War“ erzählen, aber Krieg ist immer und überall grässlich. Diese an sich simple und beinahe schon phrasenhafte Aussage wird nachhaltig deutlich, wenn man die beiden Werke nebeneinander stellt. Es gibt kein besser oder schlechter, nur zwei verschiedene Abbilder eines großen, grausamen Ganzen: Wo „…Of Frost And War“ noch aggressiver war und direkt tötete, kommt „On Divine Winds“ schleichender, zermürbender und insgesamt mit einem Mehr an Atmosphäre daher. Das Resultat aber ist das gleiche – Leid und Tod.
Hammerscheibe! Brauch zwar 1, 2 Anläufe, bis sie so richtig, zündet, dann hat man allerdings lange Spaß daran. Da eine neue Bolt Thrower auf sich warten lässt, das momentane Nonplusultra!