Haemorrhage - Hospital Carnage

Wieso sollte man eine Band loben, die praktisch hundertprozentig den Stil einer anderen, weitaus ruhmreicheren Truppe, kopiert, ausschlachtet und bis aufs Letzte ausreizt? Die Frage stellt sich hinsichtlich den spanischen HAEMORRHAGE immer wieder, obwohl die kranken Doktoren aus Madrid selbst bereits seit 1990 in der Szene herumsezieren – gerade einmal fünf Lenze weniger als CARCASS, ihre offensichtlichen musikalischen Idole. An den früheren, absolut kranken Tumorauswüchsen der Briten haben sich schon viele Nachahmer versucht, doch keine andere Band schafft in meinen Ohren wirksamere Metastasen als HAEMORRHAGE. Wenn es hochkommt vielleicht noch die COUNTY MEDICAL EXAMINERS, aber das sind wirklich Ärzte, klarer Wettbewerbsvorteil.

Dass auf den Liveshows der Südeuropäer im übertragenden Sinne ganze Schweine in Richtung der begeisterten Menge ausbluten und auch ein gewisser rabenschwarzer Humor in den Werken der Band nicht zu überhören ist, steht ein wenig im Gegensatz zur Atmosphäre, die Alben wie etwa das hier besprochene “Hospital Carnage“ versprühen. Diese ist nämlich gar nicht mal so witzig, sondern ziemlich fies. HAEMORRHAGE machen schlichtweg Musik, die man nicht hören möchte, wenn man alleine durch das Zentrum des Organhandels im Untergrund seines Heimatdorfes wandert.

Stattdessen eignet sich “Hospital Carnage“ wunderbar für private Zwecke. Ebenso beim gemeinsamen Abend, wo man sich mit Kumpels gegenseitig Bierflaschen auf dem Schädel zertrümmert, genauso wie beim Fußnägelschneiden in einsamer Stille. Wer lauscht dort nicht gerne verstörter Grindcore-Mucke alter Schule, gespickt mit mächtiger CARCASS-Sickness und feinsten Death-Metal-Anleihen der Marke AUTOPSY. Wem dann noch das bösartige Gekeife von Sänger Fernando Errazquin auf der Hörmuschel zergeht, der ist genauso kaputt wie ich und darf sich “Hospital Carnage“ als kleines Präsent mit in die Gummizelle nehmen. Schönen Dank!