Ich muß gestehen, daß ich vor meiner ersten Konfrontation mit HÄMATOM ziemlich skeptisch war – angefangen bei dem Bandnamen über die seltsam anmutenden Pseudonyme (Nord, Süd, West, Ost) und dazu dann noch die Bandästhetik mitsamt Schminke weckten Assoziationen an eine Art FREI.WILD/SLIPKNOT-Klon. Das erstmalige Anhören der vorab veröffentlichten EP „Alte Liebe Rostet Nicht“ wischte allerdings die Befürchtungen recht schnell in Luft auf und weckte meine Neugier auf das neue Album „Keinzeitmensch“, das inzwischen vierte Studiowerk der Franken.
Der Musikstil auf „Keinzeitmensch“ läßt sich wohl als Melange aus Groove Metal, Thrash Metal, NDH und Deutschrock definieren, wobei der metallische Anteil den rockigeren überwiegt. Nach einem kurzen, ansprechenden Intro legen HÄMATOM mit „Säulen Des Wahnsinns“ gleich mit einem straight rockenden, sofort ins Ohr gehenden Hit los, bevor mit „Alte Liebe Rostet Nicht“ in die selbe Kerbe geschlagen wird – geht gut los hier!
Das Niveau der Platte ist bis auf wenige Ausnahmen konstant hoch, HÄMATOM servieren dem Hörer abwechslungsreiche Kost. Das mit einem einfachen, aber eingängigen Refrain ausgestattete, an RAMMSTEIN erinnernde „Ahoi“ zählt dabei ebenso zu den Höhepunkten, wie das sehr passend betitelte „Panik“, welches musikalisch genau dieses Gefühl hervorruft. „Bester Freund, Bester Feind“ weist zwar erneut RAMMSTEIN-Einflüße auf, weiß aber durch seinen mit Referenzen an Goethes „Zauberlehrling“ eine besondere Note auf, während „Sing“ eher ruhig und mit einem poppigen Refrain daherkommt (textlich dafür abartig ist).
Auffällig bei den schwächeren Liedern ist, dass sie sowohl musikalisch als auch textlich eher in die stumpferen Deutschrock-Gefilde abdriften („Seelenpiraten“, „Ketten der Nacht“, „Schutt Und Asche“) – ansonsten wissen HÄMATOM auf „Keinzeitmensch“ auch lyrisch zu überzeugen und vermeiden es meist, in die Pathosfalle zu tapsen. Stattdessen werden interessante Themen wie die Bootsflüchtlingsproblematik („Ahoi“), Klonen („Bester Freund, Bester Feind“), Medien („Die Vierte Macht“) und Gesellschaftskritik („Säulen Des Wahnsinns“) verarbeitet und vom auf den vorherrschenden Social Media/Smartphone/Technik-Overkill hinweisenden Cover abgerundet.
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