H-BlockX - Get In The Ring

Review

Es gibt Mütter und andere wohlwollende Figuren auf dieser Erde, die einen in desolatem Zustand gerne an das natürliche Restquantum an optimistischem Grunddenken erinnern. Würde ein solcher Jemand mein Gesicht beim Testbetrieb von „Get In The Ring“ mustern, würde er vermutlich an mich herantreten und sagen: „Schau doch, freu dich über dein neues Sennheiser-Headphone.“ In solchen Momenten jedoch will man davon meist nichts hören, in diesem Falle versteife ich mich auf ein beispiellos beschämendes Sample aus längst verdrängt gelaubten Dancefloor-Zeiten in „The Power“ oder einen von vielen profilentleerten Text-Phrasen wie „c’mon – c’mon we don’t stop / no doubt we’re still shockin and the stage rocks“, um meine Gereiztheit auf einem konstanten Niveau zu halten. Dann wandert mein inzwischen desillusioniertes inneres Auge noch einmal zurück in die eigenen Flegeljahre, als das Debüt der H-BlockX zusammen mit Rage Against The Machine ein um alles in der Welt zu verfechtendes Zwiegestirn des minimalistischen Crossovers verkörperte, als man Sänger Henning Wehland auf dem schweren Weg durch die harte Schule der Sangeskunst mental begleitete und sich alle zwei Jahre mit ihm freute, wenn er wieder einen kleinen Fortschritt erzielt hatte… Die allgemeine, wahrscheinlich nur wirtschaftlich-strategisch herbeigeführte „Raider heisst jetzt Twix“-Umtaufe von Crossover in Nu Metal scheint die Band in ihrem Assimilationsbegehren in Richtung US-Lifestyle bestärkt zu haben, die Kollaboration mit diversen bereits amerikanisierten Musikbereichen jedenfalls legt davon Zeugnis ab. Daher schmecken neopunkige Tracks wie „You’re the One“ auffallend nach ungemein flippigem Schwiegersohn-Rebellentum á la Blink 182, die durch eine sterile Produktion fett aufgeblasenen Crossover-Riffs nach eingeschlafenen Füßen und die zahllosen HipHop-Ausflüge der ebenso ungezählten Gastsprecher nach würzlosem Plastik. Die eingängigen wie lieblosen Halbmelodien suchen gegenstandslos nach Existenzberechtigung, billige „Monsta“-, „Witnezz“-, „C’mon“ und „Sucker“-Lyrik jagt mir kalte Schauer des Entsetzens durch die mittlerweile gequälten Gehörfluren. Allein die Hartballade „Million Miles“ erfährt einen wohlwollenden Rewind-Click extra auf Grund ihrer freundlichen Melodie und der sentimentalen Freude über die Erkenntis, dass Wehlands bislang etwas widerspenstiges Organ seinem Träger endlich die Bezeichnung „Sänger“ zugesteht… Auch ist der Platte ein gewisser Partyfaktor nicht abzusprechen, der sich aber auf Budenzauber mit nicht unerheblichem Rauschmittelzuspruch beschränken dürfte. Unter dem Strich jedoch weicht diese Freude dann wieder der Einsicht, dass Bands wie die H-BlockX sich für keinen Trend zu schade zu sein scheinen. Kombiniert mit in einem mir unerträglich Maße zur Schau gestellten US-Allüren scheint diese ursprünglich mit wehmütigen Reminiszenzen behaftete Band nur noch zum Produzent von farb- und substanzlosem und entsprechend langweiligem Nu Metal und -Punk nach amerikanischem Götzenbild abgehalftert zu sein. Enttäuschend.

01.03.2002
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