Gwar - The New Dark Ages

Review

In den frühen 90er Jahren waren GWAR in aller Munde. Nicht etwa, weil sie einen Album-Kracher nach dem anderen veröffentlichten. Es ging um die berüchtigten Adult-Shows, in die man sich in weiße Shirts gewandet, voller Ekel und Faszination einschleuste. Als man mit künstlichem Blut und Sperma besudelt nach Hause kam, waren die meist verständnislosen Blicke der Eltern eine mindestens genauso große Schau. Nur unter Protest verzichteten die Erzeuger darauf, die geschändeten Kleidungsstücke umgehend zu verbrennen. Dieser kurze Rückblick verrät auch heute noch viel über das Kunstprojekt GWAR.

“The New Dark Ages” kritisiert augenzwinkernd die Menschheit

Laut Wikipedia umfasst der Katalog der Horror-Thrash-Punk-Veteranen mindestens achtzehn Studioalben und Singles sowie mehrere Live-Alben. Auch das ist ein weiterer Beweis dafür, dass die Truppe nicht unmittelbar mit ihrer Musik in Verbindung gebracht wird, denn – Hand auf´s Herz –  außer “Scumdogs Of The Universe” kennt wohl kaum jemand die Diskografie. Dabei machen die Alben in der Regel immer wieder Spaß und erweisen sich ein ums andere Mal auch als Zeugnis strotzender Musikalität. Da macht die neue Scheibe “The New Dark Ages” keine Ausnahme. Als Konzeptalbum angelegt (das begleitend mit einem dazugehörigen Comic auf den Markt kommt), wiederholen GWAR ihr Credo in politisch unkorrekter Weisheit wieder und wieder. Beleidigungen, Provokationen, Aggressionen: An anderer Stelle würde man von Satire sprechen.

GWAR unmaskiert?

Hinter den Masken und Monster-Outfits entpuppt sich das Quintett als eine Clique aus gestandenen Musikern. Clever angelegte Arrangements und ein fast schon überbordender Stilmix geben Raum für eine klangvolle Entdeckungsreise. Da klingt es mal grungig und punkig, schon riecht es wieder nach Classic Rock und stampfendem Heavy Metal. Die Glanzlichter der Platte stellen natürlich die zügig präsentierten Riff-Granaten wie beispielsweise “Berserker Mode” oder “The Cutter” dar, die zwischendurch auch mal mit IRON-MAIDENschen Twin-Guitars angereichert werden. Die dicken Stakkato-Riffs erinnern an EXODUS und DEATH ANGEL. Also alles sehr ansprechend.

Ein Genre-Cocktail zu viel

Aber auch doomig (“Unto The Breach”), funkig (“The Beast Will Eat Itself”) oder mit Elektronik gewürzt (“Venom Of The Platypus”) kommen die Stücke daher, was dann irgendwann vielleicht ein bisschen zu viel des Guten ist. Immer wieder variiert der Gesang und der Gesamtsound der Band so stark, dass sich keine wirkliche Handschrift erkennen lässt. Teilweise strengt das Durcheinander regelrecht an und die Spannung wird nicht durchgehend auf dem selben Niveau gehalten. GWAR haben vieles zu bieten, das abstrakte Image hängt aber wie eine schwarze Wolke über den Häuptern der Band-Mitglieder. Der Ideenreichtum und all die feinen Details gehen allzu oft hinter dem Bollwerk aus riesigen Geschlechtsorganen, Laserpistolen und Nietenrüstüngen verloren.

05.06.2022

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