Gruftschlampen - Raben

Review

Die Gothic-Szene legt Wert auf schrille Effekte und unkonventionelles Auftreten. Nicht nur, was den bekannten Kleidungsstil betrifft, sondern auch die musikalische Essenz der Szene. Charttauglich sind die wenigsten Veröffentlichungen und genrefremde Einflüsse werden nur in seltenen Fällen verarbeitet (ich rede hier nicht über das, was heute unter Gothic-Rock/-Metal läuft). Daraus folgt, dass die Szene gut damit leben kann unter sich zu sein. Ganz in dieser Szene verwurzelt ist das Berliner Duo GRUFTSCHLAMPEN, die mit der EP “Raben” einen Vorgeschmack auf ihr zweites Album abliefern.

Nach dem bedeutungsschweren Intro “Der Winter kehrt zurück” legen die Schlampen ihre Karten in Form des Titeltracks schonungslos auf den Tisch. Dabei ist die Mixtur aus Drumcomputer, Synthesizer, Gitarren (Bass), sowie ausdrucksstarkem – besser: extrovertiertem – Gesang absolut genretypisch und altbekannt. Die Stimme von Sängerin Brita fordert hierbei schon nach nur wenigen Takten den Willen des Hörers, sich die Platte bis zum Ende anzuhören, keck heraus. Nicht, dass ich etwas gegen eigenwilligen oder kauzigen Gesang hätte, sicherlich nicht. Aber Brita trällert (auch gerne an den Tönen vorbei) und phrasiert in einer Art, dass meine Ohren nicht ganz ohne Grund um Gnade flehen. Noch entspannter geht es dann beim folgenden ‘Ravens Versus Squeezed Cats’-Mix (nomen est omen!) desselben Songs zu. Hier schaltet sich Alexey Nightchild A. Nikitchenko in das vokale Geschehen ein und scheint dabei eine persönliche Aversion gegen alles normal Klingende zu haben.
Selbst wenn man versucht den Gesang auszublenden (was wirklich nicht einfach ist), bleiben noch die wenig inspirierten Songs von Gitarrist Kokel. Der lustlos programmierte Drumcomputer ist dabei nur das Tüpfelchen auf dem i. Auch die (sehr) mittelmäßigen Gitarrenriffs können nicht aufhorchen lassen. Musikalisch ist das sogar für Genrefreunde viel zu wenig. Obwohl, wenn die letzten Partygäste die Feier partout nicht verlassen wollen, könnten die Stücke der aktuellen EP durchaus Wunder wirken. Als Beispiel sei hier der ‘Blechschädel’-Mix von “Predigt” genannt, der als grenzdebile RAMMSTEIN-Adaption wirklich die Krone der GRUFTSCHLAMPENschen Musikexzesse darstellt.

Selbst in einem Genre, das auch mit musikalischem Minimalismus kokettiert, können die GRUFTSCHLAMPEN keinen Stich landen. Der extrem nervige Gesang und die langweiligen Songstrukturen machen “Raben” zu einer Qual für den Hörer. Gemessen an Bands wie GOETHES ERBEN (vom textlichen Anspruch) oder den Pionieren des Dark Wave, ist das hier wirklich nur dazu geeignet, um Nachbarschaftsstreitigkeiten eine neue, gefestigtere Basis zu geben.

05.05.2013
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