Graveworm - Fragments Of Death

Review

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Auch wenn ich die Italiener von GRAVEWORM in ihrer Entscheidung, sich vom melodischen Blackmetal zugunsten eines keyboardlastigen Dark Metals abzuwenden, nicht verstehen kann, schätze ich ihre engagierte Arbeitsweise. Wo etliche Bands ab der dritten Veröffentlichung an Spielwitz und Ideenreichtum verlieren, werden die Alben bei ihnen seit mehr als zehn Jahren immer noch in einem zweijährigen Turnus rausgehauen. Dass einige der letzten Werke Qualitätseinbußen nicht verbergen konnten, ist da erstmal geschenkt. So eine Vollblutband genießt grundsätzlich meine Sympathie. Den großen Fankreis der Italiener daher mit der Existenz diverser kultiger Coversongs zu begründen, greift zu kurz. Wer mit melodisch-düsterem Metal in den letzten Jahren etwas anfangen konnte, war mit GRAVEWORM immer ordentlich bedient.

Und das wird auch für das neue Album „Fragments Of Death“ gelten. Die beiden ruppigen und durchweg gelungenen Opener „Insomnia“ und „Only Death In Our Wake“ lassen zwar erstmal etwas anderes vermuten, aber nach der anschließenden Konzentration klebriger Keyboards und kitschig-süßer Melodien wird klar, dass ein weiteres Mal Altfans vor den Kopf gestoßen und Neu-Fans zum Moshen animiert werden. Subjektiv kommt es mir sogar so vor, als ob die Platte trotz des Verzichts auf cleane Vocals das leichteste der letzten Jahre ist. Anleihen an schwedischen Todesblei gibt es nur noch in kurzen Versatzstücken („No Future“) und komplexe Songstrukturen wurden ebenso reduziert. Stattdessen hat man, ignoriert man das durchgängige Gegrunze, nicht selten das Gefühl, im Kern eine düstere Hardrockplatte aus den 80ern zu hören. Ständig hat man den Eindruck, bei Songs wie „Absence of Faith“ oder „The World Will Die In Flames“ bandtypische Coverversionen von Popsongs zu hören, bevor man sich mit dem Gedanken anzufreunden versucht, dass es die Band absolut ernst meint.

Vergleichbar ist „Fragments Of Death“ damit am ehesten noch mit den letzten Veröffentlichungen von EISREGEN, ohne jedoch auch deren Selbstironie zu beinhalten. Stattdessen gibt es jede Menge ohrwurmig-epische Refrains, eingängige Riffs und sogar einen bis zum Schluss durchgezogenen Dreivierteltakt im gelungenen „Anxiety“. Wirkliche Übersongs sind aber, wie schon bei den vorherigen Veröffentlichungen, nicht zu finden. Auch kann das zeitweilig hohe Niveau nicht mal über die Hälfte der Spielzeit gerettet werden: die meistens Lieder besitzen zwar gute Ansätze und mindestens eine starke Melodie, wirken zwischendrin aber auch oft lustlos und uninspiriert. Man hat sich außerdem mit „The Prophecy“ die weniger gute MYSTIC-CIRCLE-Idee abgeguckt, die Platte nochmal durch ein dreiminütigen Zwischenintro zu unterteilen. Dafür ist die Produktion aber schlichtweg fantastisch. Obwohl die Musik der Band sehr im schwierigen unteren Frequenzbereich stattfindet, knallt alles genauso wie es muss, ohne auch nur ansatzweise zu vermatschen.

Wer also die Entwicklung GRAVEWORMS im letzten Jahrzehnt mitgemacht hat, wird auch mit „Fragments Of Death“ etwas anfangen können. Und wenn es sich für die Band rechnet, alle zwei Jahre ein neues Album mit nur überdurchschnittlichen Kompositionen zu veröffentlichen, soll es mir auch recht sein. Meine größte Bewunderung gilt aber der Tatsache, dass sie mittlerweile schon fast poppige Melodien in ihren Sound integriert haben, und es sich trotzdem noch trauen, in ihren bierernsten Texten regelmäßig den Weltuntergang zu beschwören.

06.10.2011

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