Umberto Eco, vielleicht das letzte bekannte Universalgenie, hat ein paar wirklich intelligente Dinge geschrieben. Beispielsweise, auf den Handywahn bezogen: „Nur Dienstboten müssen immer erreichbar sein.“ Das ist für unsere Zwecke hier allerdings nicht sonderlich relevant. Viel interessanter ist hingegen ein bösartiger, aber ziemlich richtiger Satz aus dem „Focaultschen Pendel“, der da lautet: „Sie können sicher davon ausgehen: einen Bescheuerten erkennen Sie daran, dass er früher oder später mit den Templern ankommt!“
Bei GRAVE DIGGER war es 1998 mit „Knights Of The Cross“ soweit, sicherlich einem der außergewöhnlicheren Alben der Bandgeschichte und Teil zwei des Historienkonzepts der Truppe. Ob die vier Herren tatsächlich alle bescheuert sind, oder nur Chris Boltendahl, oder nur Uwe Lulis, oder beide – keine Ahnung. Tatsache ist, dass sie auf dieser Platte unverkennbar deutsch zu Werke gehen, und das ist auch schon fast ein wenig debil. Das Riffing ist 100%ig GRAVE DIGGER, teutonisch, simpel, powermetallisch. Etwas stumpf, aber sehr effektiv.
Der Höhepunkt der Deutschheit aber sind natürlich die Texte. Dass die Wahrheit über die Kreuzzüge und die Tempelritter unendlich viel komplizierter ist, als es jede Band der Welt auf einem Album darstellen könnte, ist klar. Die Simplizität von Boltendahls Umsetzung ist aber mit Worten kaum noch zu beschreiben und wirkt beinahe satirisch. Ich muss jedenfalls permanent leicht schmunzeln ob der unbeholfenen Englischkünste, und regelmäßig bei „Burning, raping, eating / human flesh“, wenn Boltendahl sich vermutlich kräftig an den Sack packt, lauthals loslachen. Allerdings hört kein Mensch Powermetal wegen der Texte, und selbst wenn, dann ist das hochvereinfachte Geschichtsbasiswissen, das hier vermittelt wird, ob der herrschenden Bildungsmisere vielleicht auch nicht das Schlechtes, was einem Metaller passieren kann.
Wichtiger ist auf jeden Fall die Musik, und die macht schlicht und einfach auch nach acht Jahren seit Veröffentlichung Spaß. Das Label hat, selbstlos und überhaupt nicht auf das Weihnachtsgeschäft schielend, für dieses 2006er Rerelease ein Remastering spendiert, das „Knights Of The Cross“ gut steht. Die Songs, ohnehin etwas stampfender und getragener (macht sich auch an den wirklich einfachen gehaltenen Drums bemerkbar), haben dadurch noch ein klein wenig mehr Durchschlagskraft erhalten. Besonders der Dreh- und Angelpunkt der Platte, das richtig geile „The Keeper Of The Holy Grail“, stampft anständig und mit dem geilsten Riff des Albums alles in Grund und Boden. Weitere Höhepunkte sind das als Opener fungierende Titelstück, das speedmetallische „Monks Of War“ und „The Battle Of Bannockburn“ als letzter Track, der etwas aus dem Rahmen fällt, das Album aber gefällig abrundet. Dazwischen gibt’s GRAVE-DIGGER-Standardkost, mit vereinzelten Chören, Dudelsack und Akustikgitarren recht episch-melodisch und im modernen Soundgewand.
Kurz gesagt: wenn ein Kumpel noch kein Album dieser Kapelle im Schrank hat, eignet sich „Knights Of The Cross“ durchaus zur Last-Minute-Bescherung. Wer’s schon hat: umsonst gelesen!
Mir ist übrigens unverständlich, wie man 1998 auf Bandfotos aussehen kann, als käme man mit einer Zeitmaschine aus den 80ern. Grauenhaft.
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