Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.
Einer der Mitbegründer des Teutonen Metal veröffentlicht im Januar 2025 ein neues Album. Das ist eigentlich keine besondere Erwähnung wert. GRAVE DIGGER lieferten in den vergangenen Jahren ständig neue Werke, die aber nicht immer nur starkes Material im Gepäck hatten. Zum „Bone Collector“ kündigt Frontröhre Chris Boltendahl an, dass es zurück zu den Wurzeln geht und erwähnt explizit das Debüt „Heavy Metal Breakdown“ aus dem Jahr 1984.
„Heavy Metal Breakdown“ und der Start einer langen Karriere
1984 gibt es noch kein Wacken Open Air und in Deutschland taucht ein gewisser HERBERT GRÖNEMEYER mit dem Album „4630 Bochum“ auf. Die CD ist noch Zukunftsmusik und „Born In The USA“ von BRUCE SPRINGSTEEN wird zum Megaseller. METALLICA legen „Ride The Lightning“ auf den Tisch, IRON MAIDEN „Powerslave“ und MANOWAR das doppelte Paket mit „Hail To England“ und „Sign Of The Hammer“. Auch in Deutschland gibt es eine aufstrebende Metalband aus Düsseldorf: WARLOCK mit Frontdame Doro Pesch bringen „Burning The Witches“ auf den Markt. Wie weit kommen GRAVE DIGGER mit ihrem Debüt „Heavy Metal Breakdown“ bei der hochkarätigen Konkurrenz?
Am 20. Oktober liegt die LP der jungen Band in den Plattenläden. Da auf die D-Mark geachtet werden musste, ist Chris Boltendahl gemäß Album der alleinige Songschreiber. Das ist er in der Realität nicht, allen voran sind die englischen Sprachkenntnisse von Boltendahl noch nicht so ausgeprägt, dass es zum Songwriting reicht. Die meisten Lyrics stammen aus der Feder vom Gitarristen Peter Masson.
„Headbanging Man“ ist ein passender Auftakt für ein Heavy-Metal-Album. Boltendahl liefert einen speziellen Schreigesang, der in Richtung von ACCEPT und Udo Dirkschneider schielt. Es geht mit ordentlich Tempo vorwärts und erinnert an die Speed-Metaller, die sich in England mehr und mehr in Stellung bringen. Der Titeltrack sollte jedem Metalfan geläufig sein und bedarf keiner weiteren Erläuterung. Auch heute endet jedes GRAVE-DIGGER-Konzert mit „Heavy Metal Breakdown“.
Mit „Back From The War“ setzen GRAVE DIGGER die Segel mit düsterer Atmosphäre in Richtung ACCEPT. Jedoch ist Masson kein Wolf Hoffmann an der Gitarre, sodass GRAVE DIGGER nicht mit ACCEPT in der gleichen Liga spielen. Die Überraschung ist „Yesterday“. Nach dem speedigen und dunklen Tracks, kommt das Keyboard zum Vorschein und GRAVE DIGGER liefern eine mutige Power Ballade, die 1984 noch nicht die ausdrucksstarke Stimme eines Chris Boltendahl in den späten 90ern aufweist.
“Legion Of The Lost” sticht hervor
Die B-Seite prescht mit „We Wanna Rock You“ nach vorne. „Legion Of The Lost“ greift anfangs nochmals auf die Akustikgitarre zurück. Im Gegensatz zu „Yesterday“ dreht die Nummer zügig in die metallische Richtung und die balladesken Parts werden mit metallischen Riffs verwoben. Die Nummer entpuppt sich als immer weiter steigender Headbanger, die das Potential von GRAVE DIGGER hervorstechen lässt.
„Tyrant“ reiht sich zu den schnellen Nummern der A-Seite ein, bevor Boltendahl und Co. ein Ärgernis auf „Heavy Metal Breakdown“ packen. Dass ROLLING-STONES-Cover „2000 Lightyears From Home“ als metallische GRAVE-DIGGER-Version klingt nach simplem Durchschnitt und lässt jegliche Magie des Originals vermissen. Das Ding übersteht hoffentlich jeder Metalhead ohne „Heart Attack“. Der Schlusspunkt dreht nochmals auf Speed, ohne das „Heart Attack“ für ganz große Momente zum Ende sorgen kann.
„Heavy Metal Breakdown“ in der Retrospektive
Eine junge, ungestüme Band aus dem Ruhrpott legt 1984 ihr Debüt auf den Ladentisch. Eine Mixtur aus Speed- und Heavy-Metal gibt es auf die Ohren, wo noch nicht alles so rund klingt, wie auf den späteren Werken „The Reaper“, „Tunes Of War“ oder „Excalibur“. „Heavy Metal Breakdown“ ist der Start in eine lange Bandkarriere, die 2025 bereits 45 Jahre währt.
Das Debüt liefert einige unvergessene Kracher wie den Titeltrack, „Headbanging Man“ oder das bockstarke „Legion Of The Lost“. GRAVE DIGGER drücken aufs Tempo, setzen aber mit „Yesterday“ auch ganz andere Akzente. Das Debüt ist kein perfektes Album. Es lebt von seiner draufgängerischen Rotzigkeit und einem gewissen Rumpelfaktor. Bis auf das überflüssige ROLLING-STONES-Cover haben die Herren Ausfälle vermieden, sodass die Scheibe auch heute noch ihre Relevanz hat, ohne dass die LP zu den Sternstunden der frühen 80er Jahre zählt.
Cooler Klassiker