Vergleicht man die gerade auf den Markt gepfefferten Re-Releases der GRAVE-DIGGER-Klassiker mit dem aktuellen „Liberty Or Death“, so muss man dazu eines ganz klar sagen: keine Band hält bei gleichbleibendem Stil ein Niveau über mehr als zehn Jahre, das ist schlicht utopisch. So wie „Heart Of Darkness“ ein einfach solides, gutes und typisch deutsches Power-Metal-Album ist, so ist „Liberty Or Death“ nur noch ein ganz matter und müder Abglanz alter Tage. Aber das war „Heart Of Darkness“ im Grunde auch schon, nur auf weit höherem Niveau. Aber das soll hier nicht das Thema sein.
Habe ich höheres Niveau geschrieben? Auch das ist natürlich relativ. Musikalisch lässt sich die Truppe nichts zu Schulden kommen, die neun Tracks sind allesamt in Ordnung, handwerklich sauber, eingängig, schmissig, für damalige Verhältnisse sehr fett produziert. Immerhin finden wir hier auch ein paar der Klassiker, wie das treibend eröffnende „Shadowmaker“, das pseudosozialkritische „Warchild“, „Circle Of Witches“ (uuuuuuuuuuh, ich merk schon die Gänsehaut! *gähn*) und das überlange Titelstück.
Letzteres liefert mit seinen mustergültigen Breaks, spielfrohen Gitarren und einem unfassbaren Mitgröhlrefrain nicht nur die Blaupause für alle folgenden Power-Metal-Alben der ganzen Welt. Nein. Außerdem zeigt der Song natürlich auch, dass man sich im Deutschland der Mittneunziger noch immer mit dem Vietnamdisaster befasst hat, allerdings auf unverkennbar Boltendahlsche Art und Weise: ein bisschen flach, gewollt pazifistisch, aber irgendwie sympathisch. Jedesmal, wenn ich solche Lyrics lese, hoffe ich allerdings, dass sich kein – ich betone: KEIN – Metaller sein Englisch und sein Textverständnis aus GRAVE-DIGGER-Texten autodidaktisch anerzogen hat. Und das gilt eigentlich für alle anderen Texte der Band ebenso…
Mehr gibt es nicht zu sagen zu einer Platte, die vermutlich die meisten Metaller der älteren Generation sowieso schon kennen. Wer’s nicht kennt und GRAVE DIGGER erst jetzt kennenlernt, der greife vielleicht lieber hier zu als beim kommenden „Liberty Or Death“. Denn: „Heart Of Darkness“ klingt nicht nur wie ein Metalalbum aus dem letzten Jahrtausend, es ist ja de facto sogar eines. In diesem Fall ist das positiv gemeint.
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