Phil Lynott, der legendäre Fronter der irischen Rocker THIN LIZZY, verstarb im Januar 1986 an den Folgen seiner Drogen- und Alkoholprobleme. Bis heute pilgern Fans nach Dublin zu seinem Grab auf die Halbinsel Howth Head oder zur Statur vor dem Bruxelles Pub. Offiziell verließ Lynott THIN LIZZY im Jahr 1984. Etwas unter dem Radar verlief die Bandgründung von GRAND SLAM im gleichen Jahr. Für ein reguläres Release mit Lynott reichte es nicht. Einige Aufnahmen befinden sich auf Kompilationen von THIN LIZZY oder auf den „Studio Sessions“ von GRAND SLAM, die erstmals 2002 veröffentlicht wurden.
Der ehemalige Mitbegründer der Band, Laurence Archer, legte 2019 mit „Hit The Ground“ das Studiodebüt auf den Tisch. Fünf Jahre später folgt „Wheel Of Fortune“. Bei Bands, die aus jahrzehntelanger Versenkung auftauchen, stellt sich die Frage nach dem musikalischen Wert. Geht es um die Vermarktung des Namens Phil Lynott, oder sorgen GRAND SLAM für rockige Akzente im Jahr 2024?
GRAND SLAM und die Spuren von Phil Lynott
Wer bei der neuen Scheibe von GRAND SLAM ein Tribut in Richtung Phil Lynott und THIN LIZZY erwartet, wird mit dem Dreher nur bedingt glücklich. Wie bereits auf dem 2019er Release „Hit The Ground“ agiert Mike Dyer an den Vocals und hinterlässt seinen eigenen Stempel. Bezüglich Saitenarbeit klingt nicht nur einmal THIN LIZZY durch, wobei „Wheel Of Fortune“ auch ein gewissen Popappeal liefert.
Los geht es mit dem leicht konsumierbaren „There Goes My Heart“, wo die Saitenarbeit den typischen THIN-LIZZY-Sound liefert. Dyer sorgt mit den Vocals dafür, dass keine Verwechselungsgefahr besteht. Mit rundem und eingängigem Rock sowie „Starcrossed Lovers“ geht es weiter, jedoch ohne die THIN-LIZZY-Vibes des Vorgängers.
Dem rockigen Mainstream wird mit der Neuauflage von „Come Together (In Harlem)“ gefrönt. Das Ding hat Lynott in den 80ern geschrieben. Laut Archer hatte Lynott einen Hang zu poppigen Klängen, die er in „Come Together (In Harlem)“ verarbeitete.
Damit ist das Spektrum von „Wheel Of Fortune“ grob umrissen. Radiotaugliche Dicke-Hose-Nummern („Trail Of Tears“), Rockballaden („Feeling Is Strong (Jo’s Song)“, „Wheel Of Fortune“), Midtempo-Stampfer („Afterlife“) und Classic Rock gibt es auf die Ohren. Die Protagonisten achten darauf, dass Ecken und Kanten vermieden werden und die Nummern gut ins Ohr gehen.
Wenn die Herren sich experimentierfreudig zeigen („Pirate Song“), kommen zum Beispiel akustische Klänge zum Vorschein, die aber zu schnell in das bekannte Schema der Platte driften. Da helfen auch keine Gitarrensolos, die dem ganzen etwas Schwung verleihen. Insgesamt passen GRAND SLAM eher zum Rock Am Ring als auf das Rock Hard Festival.
„Wheel Of Fortune“ oder das Mainstream-Vermächtnis von Phil Lynott
Generell ist „Wheel Of Fortune“ ein gut produziertes Rockalbum, das ohne große Überraschungen daherkommt. Die LP schielt auf den Massenmarkt, Radiotauglichkeit und leichte Verköstigung sind wichtige Aspekte. Ob das Album bei einem eher metallisch ausgerichteten Publikum gut ankommt, ist mit mehr als einem Fragezeichen zu versehen. Wer auf melodische Rockmusik steht und eine gewisse Resistenz gegenüber Popappeal besitzt, sollte ein Ohr riskieren.
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