Alle paar Jahre schafft es eine Band, den sumpfigen Boden des deutschen Black-Metal-Undergrounds ziemlich trocken zu legen und mit einer wirklich überraschend guten Veröffentlichung zu zeigen, dass es doch noch Nachwuchsmusiker mit gutem Geschmack gibt. „Nachwuchsmusiker“ muss man im Falle von GRAM übrigens relativ sehen – die zwei Bielefelder hinter der Band haben in anderen Genres durchaus schon ihre Erfahrungen gesammelt, sind im Bereich Black Metal aber ziemlich unbeleckt. Ganz sicher wird sich das mit „Never I Never Hear Your Voices Again…“ zügig ändern. Das selbstproduzierte Debütalbum, schick und geschmackvoll in kartoniertem Digipak geliefert, ist durchaus ein Anwärter auf eines dieser seltenen Alben, wie ich sie eben geschildert habe.
Was GRAM spielen, klingt erstaunlich reif, vielseitig, aber doch zielsicher, ohne übertriebenen Kitsch, ohne Pagan, ohne Satanismus, ohne pubertäre Depressivität. Die acht Songs des knapp vierzigminütigen Albums verortern sich grob zwischen zeitlosem, nordisch-klirrigem Black Metal, einer dezenten Epik im Sinne von PRIMORDIAL vielleicht, akustischen Passagen der Ruhe und Besinnung in Gedenken an alte ULVER oder DORNENREICH und eine unterschwellige experimentelle Komponente zwischen alten BETHLEHEM und Post-Rock. Von romantischen Ausflügen im unteren BPM-Bereich über zügige Doublebass-Patterns bis zu pumpenden Blastbeats ist auch geschwindigkeitstechnisch alles von der Partie, was zu einem guten Metalalbum gehört.
Dabei überschätzen sich die beiden Musiker glücklicherweise weder in kompositorischer noch in instrumentaler Hinsicht: „May I Never…“ ist absolut sauber gespielt und zudem griffig und druckvoll produziert. Zwar sitzen nicht alle Riffs und Melodien hundertprozentig, leichte Qualitätsschwankungen zwischen den Songs und die eine oder andere schiefe Melodie haben sich dann und wann eingeschlichen, aber das kommt sogar bei ganz anderen Kalibern vor. Selbiges gilt für einige Riffs, die dem geschichtskundigen Black Metal eventuell von EMPEROR oder GORGOROTH leicht bekannt vorkommen könnten. Auch mancher Text wirkt durch die oft moderne Wortwahl etwas befremdlich. Im Überblick enthält die Platte allerdings keinen echten Ausfall, allerdings leider auch keinen offensichtlichen Hit.
Dafür sind die durchschnittliche Qualität und die emotionale Durchschlagskraft hoch, nicht selten stellt sich ein wohliges Gefühl der Geborgenheit und des erhabenen Schauers über den Rücken ein. Hier zeigt sich ganz klar, dass GRAM mit allen klassischen Black-Metal-Elementen zu jonglieren und sie gekonnt einzusetzen wissen. Um es auf den Punkt zu bringen: ich denke, dass seit HELRUNARs „Gratr“ kein ähnlich gutes Erstlingswerk dieses Stils mehr aus Deutschland gekommen ist (ich glaube übrigens, dass die Ähnlichkeit beabsichtigt ist). Auch wenn es von „May I Never…“ bis zur archaischen Gewalt von „Gratr“ stilistisch ein Stück und qualitativ ein leicht größeres Stück sein mag – was GRAM hier aus dem Nichts auf die Beine gestellt haben, schleicht sich an 80% aller deutschen Black-Metal-Bands vorbei direkt ins Spitzenfeld. Warum so eine Platte bei einem Label aus Shanghai erscheint und im Inland niemanden auf den Plan gerufen hat, ist mir ein Rätsel.
"Warum so eine Platte bei einem Label aus Shanghai erscheint und im Inland niemanden auf den Plan gerufen hat, ist mir ein Rätsel."
Ich kann Dir sagen warum: weil die Mucke langweilig ohne Ende ist. Gram ist ein Projekt, dass es nicht wert ist, zu leben. Schreib doch lieber ein Review zu Total Negation auf dem gleichen Label. Denn TN zeigt (Einzahl, da ein Einmannprojekt), wie gut komponierte, abwechslungsreiche Düstermucke zu klingen hat. Wenn die Gram-Scheiblette hier 7 Punkte bekommt, müsste TN (hoffe, da greift mal ein Label mit gutem Vertrieb zu) mindestens 11 von 10 bekommen… Also, liebe Leser: Hände weg von Gram, wenn Ihr nicht beim Hören einpennen wollt!
muss ich meinem vorredner zustimmen, gram sind echt laaaaaaaaaangweilig. und TN wirklich ziemlich gut. die kann man ruhig mal gehört haben.
Ich weiß nicht, was die Reviewer von metal.de bei Black Metal verlangen, aber irgendwie find ich "eure" BM-Reviews immer ziemlich komisch. Alghazanth – Wreath of Thevetat (meiner Meinung eines der besten BM-Alben der letzten paar Jahre) verpasst ihr nur 4 Punkte, während dieses "Zeugs" hier 7 kriegt. Irgendwie is Black Metal echt nich so die Sache hier. Diese Platte bzw. die Songs die ich gehört habe ist/sind eins: Langweilig!
Gibt eben auch innerhalb des BM verschiedene Zielgruppen. Ich z.B. stimme Alboins Rezension und 7-Punkte-Wertung zu und würde Alghazanth 4 Punkte und Total Negation 7 Punkte geben.