Auf „De Zoute Kwel“ entführen GRAFJAMMER laut Promozettel in die auf ewig dreckige Unterwelt von Utrecht, eine Welt aus Selbstmördern und Messerstechern, aus brennenden Kindern und Flagellanten. Damit ist „De Zoute Kwel“ ein weiteres von uns innerhalb kurzer Zeit beleuchtetes Album, das sich mit den Schattenseiten der Niederlande befasst, nach MISANTHROPIAS „Convoy Of Sickness“. Aber da enden die Ähnlichkeiten auch schon.
GRAFJAMMER wüten sich durch Utrecht
GRAFJAMMER spielen laut eigener Aussage keinen Black Metal, sondern “Dutch Necrorock”. Und der klingt in etwa so, wie man sich das jetzt vorstellt: Dreckig, rotzig, laut und tiefschwarz. Wenn die ersten Töne des Openers “Jajempriester” aus der Anlage donnern, dann fängt man fast gegen seinen Willen an, zu headbangen. Und wenn der Chorus dann die Gangshouts auspackt, dann röhrt man aus vollem Halse mit. Außerdem gibt der Jenever-Priester noch eine andere, sehr gute Empfehlung ab: “De Zoute Kwel” lässt sich am besten mit einer oder zwei Flaschen niederländischen (selbstgebrannten) Schnapses genießen.
GRAFJAMMER geben aber nicht durchgehend nur Gas. Lieder wie “Zelfverminkers & Spiritusdrinkers” oder “De Kinderen Branden” (Highlight!) ergehen sich in fiesem Mid-Tempo-Riffing, das einem Schauer den Rücken runterjagt (und umgehend das Glas nochmal auffüllen lässt). Und gerade “De Kinderen Branden” ist auch eine Machtdemonstration von Sänger Jorre, dessen krankes Gekeife hier eine wahrhaft unmenschliche Dimension annimmt.
“Zelfverminkers & Spiritusdrinkers” versucht, die Atmosphäre des Utrechter Hauptbahnhofes einzufangen und beginnt deswegen stilecht mit den Geräuschen des Bahnhofs — ein Gimmick, das dem Song nicht wirklich hilft, aber die Spielzeit in die Länge zieht. Das andere, prominentere Gimmick der Platte ist das Schifferklavier am Ende von “De Backboordshand” (eingespielt von Jacco De Wijs von HEIDEVOLK). Auf den ersten Blick eine coole Idee, integriert es sich leider nicht genug in den Song, um wirklich einen positiven Eindruck zu hinterlassen und zieht den Song ebenfalls eher unnötig in die Länge.
“De Zoute Kwel” ist eine wüste, alkoholgetränkte Gewaltorgie
Damit sind wir beim Kernproblem von “De Zoute Kwel” angelangt: Auch wenn die Platte nur 36 Minuten dauert, gibt es immer wieder Längen, Momente, die nicht sein müssten und (gerade in den dreckig-schnellen Parts) auch vieles, was beim wiederholten Hören einfach zu ähnlich klingt. Ich will nicht abstreiten, immer wieder mit einem breiten Grinsen vor der Anlage gesessen zu haben, und in den besten Momente ist GRAFJAMMERs wüste, alkoholgetränkte Gewaltorgie großartig (”De Kinderen Branden” und “Maak Het Koort”).
Aber am Ende ist “De Zoute Kwel” ein bisschen wie ein Abend mit zu viel selbstgebranntem Schnaps: Macht tierisch viel Spaß, während es anhält, aber wenn man am nächsten Morgen mit Kopfweh aufwacht, dann wünscht man sich, dass man weniger getrunken hätte (oder der Alkohol besser gewesen wäre).
Und trotzdem war es das irgendwie wieder wert. Typisch Alkohol.
Kommentare
Sag Deine Meinung!