Nicht wenige Bands haben sich gegründet, um einem großen Vorbild nachzueifern. Sollte das auch auf GRACELESS zutreffen, waren ziemlich sicher BOLT THROWER die Inspirationsquelle. Entsprechend kredenzen uns die vier Holländer eine massive Portion Oldschool Death Metal mit starkem Doomeinschlag.
Dabei geht das Quartett teilweise etwas schleppender als die vermeintlichen Vorbilder vor. Aber genug von den Vergleichen. Selbst bei GRUESOME hinkt der Vergleich ja; und das, obwohl diese es explizit darauf anlegen. Abgesehen davon, dass es an sich ein Ding der Unmöglichkeit ist, der Klasse von DEATH auch nur im Ansatz nahe zu kommen.
GRACELESS sind mehr als nur ein Retroaufguss
Also schauen wir den zweiten Silberling an, als hätte es BOLT THROWER nie gegeben. Mit dem Opener ”Lugdunum Batavorum” erhebt sich eine stampfende und mächtige Doomwalze aus ihrem knappen Intro. Der zweite Song ”Retaliation Of The Wicked” nimmt mehr Fahrt auf. Beide Tracks stecken damit vielversprechend das Terrain ab, auf dem sich die restliche halbe Stunde bewegen wird. ”Commander Of Christ” fährt auf der gleichen Welle seines Vorgängers, bleibt aber etwas uninspiriert.
„Nine Days Of Mourning” drosselt dann wieder das Tempo und erinnert, gerade zu Beginn, entfernt an WINTER, steigert sich dann aber in einen monströsen Brecher. Ähnlich Gutes gibt es auch vom Titeltrack und dem Rausschmeißer ”Embrace The Rain” zu berichten. Gerade letzterer bäumt sich noch einmal mit allen Stärken auf. Zwischenzeitlich schlug ”Warpeth” solide in die Oldschool-Kerbe.
”Where Vultures Know Your Name” kriecht wuchtig in den Gehörgang
Technisch gibt es ebenfalls wenig zu motzen. Einzig Remco Krefts Growls sind ein wenig stumpf und monoton geraten. Die Produktion liefert den tonnenschweren Sound, mit dem GRACELESS ihre massive Wand errichten. Obendrauf kommt noch ein gelungenes Coverartwork, das diesen Sound angemessen bebildert, dazu.
Schlussendlich haben GRACELESS ein starkes Album vorgelegt. Immer dann, wenn die Leidener den beschriebenen Vergleich mit Oldschool-Geholze heraufbeschwören, wird es solide bis souverän. Ihre wirkliche Stärke kommt aber zur Geltung, wenn sie einen Gang herunterschalten und sich damit weiter von den Paten entfernen. Dann kriecht ”Where Vultures Know Your Name” wuchtig ins Gehör und hinterlässt Eindruck.
Ich habe das Album jetzt 4-5 mal durch und bin echt begeistert. Starker Old School Death Metal aus den Niederlanden. 90 Prozent der Songs bewegen sich im Midtempo und haben einen ordentlichen „Stampfanteil“. Es wird aber irgendwie nie langweilig, obwohl sich die Songs alle im ähnlichen Tempo bewegen. Die „Death Doom“ Momente suche ich immer noch. Da verstehe ich die Genrezugehörigkeit nicht ganz. Wenn ein Song mal schleppender wird, ist es ja nicht gleich Doom. Das machen Asphyx oder God Disease, aber nicht Graceless. Nichtsdestotrotz – Ich freue mich auf die nächsten Durchläufe! Lass stampfen…