Wenn ich im Booklet einer Demo-CD lese, dass selbige im TidalWave-Studio (Nähe Karlsruhe) aufgenommen und produziert wurde, hat die veröffentlichende Band (hier: GRABFINSTERNIS) gleich erste Pluspunkte bei mir eingefahren. Patrick Damiani ist als Produzent kein Unbekannter mehr (FALKENBACH, SECRETS OF THE MOON, UMBRA ET IMAGO etc.) und kann uneingeschränkt als Garant für anständigen Sound gelten. So auch auf „Wahn“, dem ersten Lebenszeichen des Vierers von GRABFINSTERNIS – diesen Aspekt hätten wir also schon einmal abgehakt.
Das Schöne ist, dass sich GRABFINSTERNIS spielerisch und technisch auf einem Niveau befinden, das die Aufnahme im TidalWave auch rechtfertigt. Die Instrumente sind sauber eingespielt, die Band spielt tight (was man im Black Metal – leider – nicht unbedingt erwarten kann, insbesondere wenn der Term „old school“ irgendwo im Promo-Schreiben auftaucht…) und setzt ihr Material auf den Punkt um.
Von musikalischer Warte kann ich das soeben Gesagte leider nicht ganz wiederholen. GRABFINSTERNIS bemühen sich zwar hörbar um Abwechslung und Dynamik – und sind dabei spannender als etwa zwei Drittel der Schwarzmetall-Nachwuchskapellen, die keinen blassen Schimmer von spannenden Arrangements haben – das Songmaterial bleibt jedoch zu sehr im Mittelmaß hängen, dümpelt unaufgeregt vor sich hin und kann bei mir nicht das berühmte „Aha!“-Erlebnis auslösen. Natürlich wollen GRABFINSTERNIS mit „Wahn“ oder dem bald folgenden Album das Rad nicht neu erfinden – ein bisschen mehr darf es aber auch in den Grenzen „klassischen“ Black Metals sein. Dass das geht, zeigen jüngst Veröffentlichungen von SILENT LEGES INTER ARMA oder VARGSHEIM.
Nun muss ich zum Schluss aber einen (in meinen Augen) ganz erheblichen Kritikpunkt ansprechen – den Umgang mit der deutschen Sprache. Das fängt beim Bandnamen an (müsste es nicht GrabESfinsternis heißen? So wie es auch GrabESstille heißt? Vermutlich ein Stilmittel…), geht über das potentiell komödiantische Pseudonym „Erzherzog Pestbeule“ bis hin zu den Songtexten, in denen es zwar keine echten grammatischen Fehlgriffe zu „bestaunen“ gibt, sehr wohl aber die eine oder andere Fahrlässigkeit, die man sich bei Songtexten einfach nicht erlauben darf – und schon gar nicht in der Muttersprache! Da würde ich die Herren doch bitten, für das Album ein paar Gänge zuzulegen oder mal jemanden auf die Texte schauen zu lassen, der ein bisschen was von stilvollem Umgang mit deutscher Sprache versteht. Die Ideen hinter den Texten sind nämlich gar nicht schlecht! Bis dahin ist „Wahn“ ein weitgehend unspektakuläres Album, das aber überraschend gut klingt und den einen oder anderen Schwarzmetaller unterhalten könnte. Mal schauen, was das Album bringt…
WAHN
Er begann im Morgengraun´
der Tag an dem der Wahnsinn siegte
Wie ein letzter Atemzug
der Wahnsinn dem der Geist oblag
Doch voll von wilder Willenskraft
zu Mord und Totschlag hielt er aus
gnadenlos hatte er Schaden gebracht
mit einem Grinsen wie es nur der Teufel bisher kannte
So tat er was hinfällig erschien
ein Wandel in der Psyche machte ihn
zum großen Mächtigen
Gedanken weniger Gedanken
gedacht oder gehört
ein Mensch im Wahn
nimmt Gestalt von einer Bestie an
Wahnsinn eine Ausgeburt der Wirklichkeit
rein in seinem Ziel
des Teufels langer Atem
und der Menschen Untergang
Durch die Augen
durch die Adern
durch die Haut
und in die Hand.
Bis zum Fleisch
bis zum Muskel
bis zum Knochen
bis zum Herz
Die Geschichte eines Leidenden
Man keift er sei der Teufel
jedoch nur da er in der Hölle lebte
das Gehirn längst durchgeweicht
eine Wunde stets am klaffen
Mit sich selbst im Krieg
und er blickt in den Spiegel
doch den wahren Feind er sieht ihn nicht
mit sich selbst im Krieg
und den wahren Feind
er sieht ihn nicht