Gotthard - #13

Review

Über GOTTHARD werden die Geschichtsbücher vermutlich einst sagen, dass sie zu spät auftauchten, aber trotzdem zur rechten Zeit kamen. Als das selbstbetitelte Debütalbum Anfang des Jahres 1992 erscheint, ist der Grunge gerade dabei, den Heavy Metal aus den Charts zu verdrängen. Alternative Rock und Punk treiben den Underground aus den Jugendclubs. Kein guter Zeitpunkt also, um mit einer Band durchzustarten, die wie eine Mischung aus BON JOVI und WHITESNAKE klingt. GOTTHARD machen dies trotzdem und erlangen zumindest in ihrer Schweizer Heimat überschaubaren Ruhm, werden neben den bereits etablierten KROKUS zum bekanntesten Musikexport des Landes.

Dass GOTTHARD immer noch alle paar Jahre von sich reden machen, ist jedenfalls nicht nur einer gewissen Beharrlichkeit zu verdanken, mit der sich die Band durchs Musikbusiness schlägt. Nein, die musikalische Qualität ist natürlich auch ein Faktor. Im Gegensatz zu anderen Bands liegt diese Qualität nicht im besonders virtuosen Gitarrenspiel oder interessanten Songstrukturen, sondern in der bemerkenswerten Fähigkeit, Songs zu schreiben, die irgendwie gut sind, aber auch nicht überragend, die niemandem weh tun, sondern eine gute Laune produzieren, deren Ursprung nur schwer zu bestimmen ist.

GOTTHARD – immer da, immer gut

Dies gelingt auch mit dem neuen Album „#13“ zum – Überraschung – dreizehnten Mal. In knapp 30 Jahren hat sich der Sound von GOTTHARD kaum verändert. Klar, der Gesang hat sich nach dem tragischen Tod von Steve Lee und dem Einstieg von Nic Maeder leicht geändert. Das hindert Leo Leoni aber nicht daran, Riffs zu schreiben, die genauso kernig klingen wie anno 1992. GOTTHARD haben sich dadurch eine Frische bewahrt, die durch ihre lang anhaltende Existenz eigentlich schon zeitlos zu nennen ist.

Genug des Lobes, denn natürlich hat „‚#13“ auch einige Macken. Nach einem guten Einstieg mit dem Doppel „Bad News“ und „Every Time I Die“ zerfasert das Album ziemlich schnell zu einem bunten und leider nicht immer überzeugenden Sammelsurium der Spielbreite des Hard Rocks. Schön sind die bluesigen Nummern wie „Another Last Time“, nervig die Balladen wie „S.O.S.“ oder „Marry You“ (die sich aber auf einer Hochzeitsfeier, bei der der Bräutigam schon einiges intus hat, freilich gut machen würde).

Unterm Strich finden Fans der Band hier natürlich wieder eine gute Dröhnung. Wer hingegen durch die aktuelle Single angefixt ist, steigt lieber mit dem Debüt ins Schaffen der Band ein und arbeitet sich bei Bedarf bis zur „#13“ durch. Der Rest wartet hingegen lieber auf die nächste Best-Of, wo die Stärken von GOTTHARD etwas gebündelter und dadurch bekömmlicher zur Geltung kommen. „One Team One Spirit“ hat jetzt auch schon über fünfzehn Jahre auf dem Buckel, als wird es mal wieder Zeit.

P.S. Dass das Album „#13“ genau 13 Songs hat und an Freitag, dem 13. erscheint, ist vermutlich irgendwie wichtig, aber mehr als ein müder Wortwitz zur Nummer von Schweizer Bankschließfächern ist dem Redakteur nicht eingefallen. Sorry.

18.03.2020
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