Gomorrah - Gomorrah

Review

Die Kanadier GOMORRAH lassen aber einen gewaltigen Orkan wüten. Zwar ist das selbstbetitelte, blutrünstige Death-Vehikel des Duos aus British Columbia längst nicht mehr auf Jungfernfahrt unterwegs, doch klingen Jeff Bryan und Bowen Matheson hungrig, wüst und richtig wild, als hätte man sie gerade frisch von der Leine gelassen. Mit gewetzten Klauen dem Hörer gegenüberstehend warten sie förmlich nur darauf, sich wie von Sinnen brüllend und bellend auf diesen stürzen und ihn in tausend Stücke zerreißen zu können – das aber mit einer enormen, technischen Versiertheit von Seiten Mathesons, dessen Finger wie entfesselt über das Griffbrett seiner Klampfe flitzen.

Aggression, Fingerfertigkeit und Grooves

Doch nicht nur von ihm stammt große Instrumentalkunst: Für die Produktion des neuen, dritten Albums haben sich GOMORRAH niemand geringeren als Hannes Grossmann mit ins Boot geholt, der sich nicht nur für den Sound verantwortlich zeichnet. Er hat für den zweiköpfigen Kanadier noch gleich schön in den Kesseln und Fellen gewütet und den Songs so einen strammen Groove unter die Haube geklemmt, der ihnen jedoch zum Glück nicht die Luft abschnürt. Das ist die große Kunst hinter „Gomorrah“: Die Songs klingen unglaublich brutal, wurden aber nicht in ein zu enges Korsett gestopft, sondern haben ausreichend Bewegungsfreiheit.

Diese raumgreifende Beschaffenheit spiegelt sich auch im Songwriting wieder, das dem Hörer an passenden Stellen immer wieder kleine, atmosphärische Pausen gönnt. Mit nicht mal 30 Minuten Spielzeit ist natürlich für lang anhaltende Sophistereien kein Platz, weshalb die nächste Knüppelattacke üblicherweise nicht lange auf sich warten lässt. Gleichzeitig klingen auch Mathesons Riffs, der gerne zwischen halsbrecherischer Griffbrettakrobatik und großflächigen Arpeggien wechselt, unglaublich wuchtig, zugleich jedoch mit klaren Konturen versehen, die selbst in ihren zuckeligsten Momenten einen organischen Fluss aufweisen.

GOMORRAH unterwegs im geländetauglichen Brutal-Death-Vehikel

Seine Gitarre wütet sich einer Axt im Walde gleich durch die Songs, um sich nur für besagte Pausen jeweils mal kurz zurück zu nehmen oder beispielsweise mit hallendem Reverse-Effekt versehen wie zum Ende von „From Earthen Ruin“ zur Atmosphärik beizutragen. An anderer Stelle wie zu Beginn von „Frailty“ poltert sie dagegen so richtig schön grob ins Geschehen hinein, um den Hörer direkt am Kragen zu packen und ordentlich durchzuschütteln. Doch auch vereinzelte, geradezu monumental anmutende Soli zählen zum Repertoire. Ein solches kann etwa im Rausschmeißer „Of Ghosts And The Grave“ bestaunt werden.

Indes brüllt sich Jeff Bryan die Seele mit voller Inbrunst aus dem Leib. Zugegeben hier und da mal gefährlich nah an der Eintönigkeit vorbei röhrend, passen seine Einsätze dennoch wie Arsch auf Eimer und treiben den Adrenalinhaushalt, der beim Sound von „Gomorrah“ ohnehin schon auf Hochtouren läuft, noch weiter an. Außerdem ist die Albumlänge für die enorme Intensität seiner Darbietung, aber auch der generellen Härte des Sounds im Allgemeinen genau richtig bemessen. Viel länger dürfte ein solches  Album einfach nicht sein – 26 Minuten mit Volldampf auf die Fresse und fertig! Operation geglückt, Patient tot. Viel toter geht’s dann eigentlich auch nicht.

Ein Orkan – kurz, aber heftig!

Klar, wenn es um reine Brutalität geht, haben Bands wie HIDEOUS DIVINITY sicher die Nase vorn. Doch bei GOMORRAH interessiert auch die Technik hinter dem Knüppel, der dennoch mit reichlich Wucht und Durchschlagskraft auf der Omme platziert wird. Die Grossmannschen Grooves ergänzen sich bestens mit der wüsten Aggressivität der Kanadier und bringen ineinander greifend ein mächtiges, fingerfertiges und doch unglaublich blutrünstiges Schlachtfest auf die Beine, das man vor allem als Genießer brutaler Todeskunst nicht verpassen sollte. Als Tech-Death-Fan mit Affinität für das Getrommel des Herrn Grossmann sowieso nicht.

04.12.2019

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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