Golem - Dreamweaver

Review

Um vorneweg gleich störende Verwechslungen auszuschließen : NEIN, dieser Golem vertilgt keine Spaghetti – er steht auf Eisbein mit Sauerkraut (will sagen, dass hier nicht die italienische, sondern die deutsche Band am Start ist.)

Und das bedeutet verschachtelte Songstrukturen, technisch glänzendes Spiel, ne feine Portion Melodie fernab von skandinavischem Klischee und ne verdammt anständige Prise Eigenständigkeit. Golem werden den meisten noch mit ihrem zweiten Longplayer „The 2nd Moon“ im Öhrchen stecken, wo es schon mächtig komplex zuging.

Während man sich auf diesem Konzeptalbum rund um Spice, Sandwürmer und den Wüstenplaneten von Frank Herbert ab und an auch ein wenig vom Toto – Soundtrack der kultigen Romanverfilmung von David Lynch beeindruckt zeigte, wird auf „Dreamweaver“ noch eigenständiger vorgegangen. Am ehesten kann man Golem mit Carcass vergleichen, als diese sich so langsam vom Grind verabschiedeten, aber noch weit weg vom Rot’n Roll waren. (Auch die heiser gekreischten Vocals erinnern durchaus an die Briten). Das Songwriting der Brandenburger ist dabei ähnlich komplex und melodiös, ohne dabei an Brutalität zu verlieren. Songs wie „Tomb“ kommen mit abgehacktem, von den Drums vortrefflich unterstütztem Riffing daher, nur um dann in genialen Leads zu gipfeln. Morbid Angel scheint den Jungs zudem auch sehr zu gefallen, denn die Nummer „Breeder“ hätte auch auf „Covenant“ stehen können – gleich hinter „God of Emptiness“. Auch hier regiert ein lavaartig dahinfließendes Riff, das einfach im Gedächtnis haften bleibt. Allerdings würde man Golem unrecht tun, vergliche man sie nur mit besagten Bands.

Dafür wird hier zuviel Eigenständiges geboten – und, wenn man den Vorgänger kennt, erkennt man auch gleich, dass hier Golem souverän aus den Boxen scheppern. Während man sich an den goldrichtigen Stellen auf seine alten Grindtage besinnt und danach ein paar geile Thrash-Parts einfädelt, kommt an den ebenso prädestinierten Bereichen ein kleiner Ohrwurm in Form einer zuckersüßen Melodie ums Eck gekrochen („Rose“). Zusammen erzeugen Golem eine gleichsam mitreißende wie auch aufwühlende Atmosphäre, die jedem geneigten Hörer, der ein wenig über den Death Metal Tellerrand zu sehen/hören vermag und vielleicht auch der Schwarzwurzelkunst nicht so GANZ abgeneigt ist, herrlich ins Gebein dringen sollte. Auch das Orgelintro von „The Tower“ stellt so manches Nackenhärchen auf – das ist wohl Gotteslob auf Death (verstehen wohl nur Kirchgänger – harr !!!).

Technisch lassen die Jungs sowieso nicht das Geringste anbrennen und zocken mühelos in der obersten Liga mit. Jedes Break sitzt und auch die leicht orchestral angehauchten Parts fallen nicht ab. Das Drumming ist intelligent und zur richtigen Zeit halsbrecherisch schnell zugleich. Während sich die meisten deutschen Deathbands am Dauergeblaste aufgeilen, wird hier auch mal das Gaspedal gelupft und vernünftige Fills eingestreut und das Beckenspiel nicht vergessen. Die Klampfen sind regelrecht spektakulär. Punktum ! Meiner bescheidenen Meinung hätte man das Gegrowle jedoch etwas mehr betonen sollen, denn manchmal driftet es ein wenig im Gesamtsound ab. Tatsächliche Mankos gibt es auf dieser Scheibe aber nicht wirklich zu beweinen. Sicherlich besitzen Golem noch nicht ganz die höchst eindrucksvolle Fähigkeit Morbid Angels, völlig aberwitzige Frickelsongs doch so eingängig wie AC/DC Mucke zu gestalten, so dass der eher gradlinige Muckefan so seine Probleme mit „Dreamweaver“ haben könnte.

Dennoch hat Nuclear Blast einen verdammt guten Fang gemacht. Beeindruckend, höchst beeindruckend – vom nächsten Studioalbum erwarte ich dann schon ein echtes, zeitloses Meisterwerk. Wer sich unter nem Golem also immer nur ein tumbes, bösartiges Konstrukt vorstellt, der wird sich spätestens jetzt getäuscht sehen. Wenn das der Rabbi Löw wüsste !

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07.04.2004

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