Golden Dawn - The Art Of Dreaming

Review

Erst einmal will hier ein außerordentliches Lob an die österreichische Black-Metal-Zunft ausgesprochen sein. Es muß an (bzw. in) der Alpenluft liegen, daß dort entstandene Kompositionen mit solch frischen und faszinierenden Ideen angereichert sind. Dies gilt meiner Meinung nach nicht nur für DARGAARD (ja, natürlich ist das kein Metal – dennoch schwarz), KOROVA, SUMMONING, ABIGOR und DORNENREICH – auch für das irgendwann in 1996 (im April aufgenommen) erschienene „The Art Of Dreaming“ von GOLDEN DAWN, das in keinster Weise als veraltet zu bezeichnen ist. Ein gewisser Dreamlord hat dieses Tonkunstwerk beeindruckender Weise fast im Alleingang eingespielt (was man dem nicht anhört). Der Eindruck, der durch die (Digipak-) Aufmachung bzw. das Artwork (merkwürdige Abbildung von siamesischen Zwillingen – wo ist da der Bezug zu Träumen?!) entsteht, ist ziemlich negativ. Auch ist auf der Innenseite nur ein (durchaus gelungener – keineswegs klischeehafter) Songtext abgedruckt. Sobald jedoch das eigentlich relevante vernehmbar wird und man sich damit ein wenig befaßt hat, so vermag melodischer, experimentell-grenzenloser (von der Originalität und dem Abwechslungsreichtum her mit LIMBONIC ART vergleichbar), stellenweise schwelgender Black Metal, zu beeindrucken – mich jedenfalls.

Insgesamt ist die (Keyboard-) Instrumentierung recht außergewöhnlich; so ertönt z.B. im langen Intro von „Sub Specit Aeternitatis“, stellenweise untermalt von einem industrialmäßigen Beat (vielleicht die verrückteste Idee auf dem Album), lediglich eine Harfe, am Ende klingt sogar ein Dudelsack an. Den Titelsong würde ich eher als repräsentativ bezeichnen: Er beginnt mit majestätisch-angehauchten Bläsern, untermalt von (Keyboard) Pauken – mutet ein wenig nach SUMMONING an, ist allerdings nicht so ‚langgezogen‘. Bald wird dieses Klangbild von tiefem, klarem Gesang, übrigens von PAZUZU (von der eben so betitelten ‚Gruppe‘ und Raventhrone) gewohnt kraft – und eindrucksvoll vorgetragen, erweitert. Die angestaute Spannung entlädt sich dann bald in Form von Schlagzeuggehämmere (‚richtige‘ Drums), der E-Gitarre und natürlich dem (an „Heart Of The Ages“ von IN THE WOODS erinnernden) Geschrei. Jenes empfinde ich als nicht so gelungen, da es ziemlich undifferenziert, (künstlich) verzerrt klingt. Es ist allerdings keineswegs unerträglich. An den Übergangen von ’symphonischen‘, träumerischen Keyboardparts zu den rauheren, aggressiveren Teilen sollte ebenfalls noch gearbeitet werden, da sie leider stellenweise nicht so nahtlos ineinandergreifen. Das (E-)Gitarrespiel klingt zuweilen nach Death Metal, ist dann aber eher kraftarm als ‚hart‘ und wenn sich das Keyboard dazu gesellt, ist die Gitarre noch weniger tonangebend. Ich will hier noch das Ausklingen von „Nothing But The Wind“ hervorheben, in dem durch einen unglaublich atmosphärischen Keyboardteppich geheimnisvoll verzerrt gesprochene Worte schweben, wodurch eine einmalige Gänsehaut-Stimmung erzeugt wird. Erwähnenswert ist außerdem die eher BM-untypische Stimmung des Ganzen, die ich keineswegs bedrohlich, auch nicht depressiv nennen würde, da dem (gut beherrschten) Keyboard nicht selten relativ ‚heitere‘ Klänge entlockt werden.

Insgesamt ist nur schade, daß derartiges im Vergleich zu ‚vielbeworbenen‘ Gruppen sehr verblaßt(e) (die Qualität beileibe nicht!) und ich so wohl einer der wenigen sein werde, die ungeduldig auf ein neues GOLDEN-DAWN-Opus warten. Ja, in derlei kreativen Veröffentlichungen sollte die Zukunft des BM liegen, jedenfalls eher als in (poserhaft) bösem, dazu noch häufig einfalls- und kunstlosem BM-Einerlei. Ich frage ich mich wann auch Deutschland endlich vergleichbar eigenwüchsige Bands dieser Stilrichtung entspringen – das ist allerdings Geschmacksache.

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21.04.1999

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