Bei dem Wort „Aufstand“ denkt man, musikbezogen, entweder an jugendlich-naiven Krawallkrach, oder an erwachsene, gereifte, reflexive und melancholische Ruhe und Resignation vor dem Umbruch. Ein innerer, subjektiver Aufstand also. Nachdenken über sich selbst und den eigenen Platz in der Welt, das Spiegeln des eigenen Handelns, des bisherigen Lebens, die Fragen nach der Zukunft, verbunden mit sich selbst als Teil in der Gesellschaft. „Riot“ von den GOLDEN APES schafft zweiteres, und das durchweg.
Ein düsteres Album für die düstere Zeit des Jahres. Allein das Intro, „Prelude“, verknüpft in seinen Pianoklängen Kälte, Stillstand, und die Frage, wie man voranschreitet. Richtig gut gelungen ist der Übergang von Intro zum einleitenden Song „Devil“, welcher mit dem Keyboard und New-Wave-artigen Gitarren sofort Erinnerungen an ältere Zeiten weckt. Die dunkle Stimme von Sänger Peer Lebrecht fügt sich wunderbar in dieses melancholische Konstrukt, hat aber genug Volumen, sodass sich doch eine angenehme Wärme entfaltet.
„Riot“ hat an keiner Stelle zu viel oder zu wenig, es hat wahnsinnig gut durchdachte und poetisch anmutende Lyrics, abwechslungsreiche Drums, unterstützende Keyboardelemente, zusammenpassende Rhythmen, und in all der klingenden Ruhe einen kräftigen Sturm an Gefühlen. Großes Kino.
Eines der stärksten Stücke der Platte ist wohl „Heart’s Corrosion“, textlich nahezu brillant wie ASP (an den in Deutschland wohl kein anderer Texter herankommt): „I am the regret, that seems to kill/ ‚Cause I’m the ghost, that loves you still/ And meanwhile I am nothing/ And meanwhile I am“ – philosophisch, emotional, mitreißend. Ich weiß an dieser Stelle nicht mehr, wie ich noch beschreiben soll, wie sehr mich die Lyrics des Liedes gepackt haben. Und gleich anschließend diese Hammer-Gitarren bei „Prudence“… dieser tolle Kontrast zwischen schnellen Rhythmen und diesem doch tragenden Gesang – GOLDEN APES wissen, den Spannungsbogen zu halten, und doch nicht zu überladen.
Weiterhin fällt auf, dass sich die Band weder musikalisch noch durch ihr Auftreten zu sehr in den Vordergrund drängt, was eine angenehme Sympathie mit sich bringt (und andererseits die Gefahr, dass das Ganze als „Beiwerk“ in Vergessenheit gerät). Zurückhaltung ist eine ehrenwerte Eigenschaft, doch muss man als Band auch präsent bleiben, um eine Stimme zu haben, und um die Stimme der GOLDEN APES wäre es verdammt schade, wenn sie durch die Zurückhaltung untergeht, immerhin ist „Riot“ das 7. Album der berliner Formation.
„Riot“ nimmt uns mit in den menschlichen Umbruch, es ist ein reifes Werk, und völlig zu Recht ist das Album nach dem letzten, knapp neun Minuten dauernden Song benannt. Auch das Artwork passt ins Konzept, fügt sich ein in diese beobachtende menschliche Katastrophenanalyse, düster, ruhig, und doch einen Sturm auslösend. Wer sich mit dem Album intensiv auseinandersetzt, erfährt hier seine ganz persönliche Katharsis. Für New Wave- und Gothicliebhaber ein ganz großer Tipp!
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