Knappe vier Jahre nach dem überraschend vielseitigen, aber auch nicht überall auf Gegenliebe gestoßenen schlicht „IV“ betitelten vierten Album lassen GODSMACK mit der neuen Scheibe „The Orcale“ endlich die Katze aus dem Sack. In den Staaten ist der Vierer aus Boston eine Superstar-Band, deren Musik zuweilen sogar im Radio läuft, in Deutschland scheint man die Band seit jeher eher im Underground wahrzunehmen. Irgendwo schade, da der riffbetonte Sound, der ziemlich genau zwischen Hardrock und Metal liegt und beides ein bisschen, aber nichts so richtig ist, durchaus mehrheitsfähigen Charakter besitzt und dennoch das Schmähwort „Kommerz“ kaum rechtfertigt.
„The Oracle“ beginnt vielversprechend. Das Riffmonster „Crying Like A Bitch“, zuvor bereits als Single veröffentlicht, und das ganz zu Beginn der Produktion mal als Titelsong geplante „Saints And Sinners“ gehören vielleicht zum besten Songmaterial der Band seit dem Zweitwerk „Awake“. Sully Ernas Gesang, gepaart mit dem bandtypischen Sound, der sozusagen die besten Elemente von ALICE IN CHAINS (deren Song „Godsmack“ übrigens NICHT ursprünglich Pate stand für den Bandnamen) und METALLICA vereint, scheinen den Hörer zunächst voll auf seine Kosten kommen zu lassen. „I’m one part saint and two part sinner – and the last part is still on the line“ – ein Text, der die Inhalte der Band schon recht passend zusammenfast. Ehrliche, emotionale Statements, die teilweise wie Durchhalteparolen anmuten. Leider scheinen GODSMACK danach ein wenig in ihrem eigenen Stil gefangen zu sein. Was man auf „IV“ noch durch Balladen und diverse Slow-Motion-Groover kompensiert hat, scheint auf „The Oracle“ zum ersten Mal in vollem Maße durch: GODSMACK bieten dem Fan zwar das, was er möchte, bei einigen Songs hat man aber das Gefühl, das Gleiche von der selben Band schon einmal besser gehört zu haben. „Shadow Of A Soul“ und „Good Day To Die“ lassen sich noch am ehesten als Highlights mit interessanten Melodien ausmachen. „Devil’s Swing“ und „War & Peace“ zeigen das Dilemma auf: Stilistisch bleiben keine Wünsche offen, zum ersten Mal klingen GODSMACK jedoch ein klein wenig konstruiert. Ähnliches gilt für den instrumentalen Titeltrack. Was bei „Vampires“ anno 2000 noch hervorragend als Stoner-Rock-lastiges Groovemonster funktioniert hat, ist bei „The Oracle“ der keineswegs schlechte, aber verhältnismäßig wenig beeindruckende Versuch, ein gesangloses Epos im Stile von METALLICAs „Orion“ oder „The Call Of Ktulu“ zu schreiben und offensichtlich nicht das bevorzugte Metier der Jungs. Die anderen drei Nummern sind solide Rock-Nummern, an denen man als Fan der Band wenig auszusetzen haben kann. „What If“ spielt mit den „Voodoo“-Versatzstücken der Vergangenheit und ist vielleicht der Song der Scheibe, der einer Ballade am nächsten kommt, „Forever Shamed“ ist verhältnismäßig schnell und bietet ansonsten die gewohnte kantig-melodische Kost, „Love-Hate-Sex-Pain“ ist im Midtempo gehalten und geht ebenfalls als gutklassig durch.
Etwas schade ist die Tatsache, dass die vorab veröffentlichte Single „Whiskey Hangover“ lediglich den Platz auf die limitierte Edition geschafft hat, die hätte es sich ganz gut im Albumkonzept bequem gemacht. Soundtechnisch hat man auf eine Fälle einen Schritt nach Vorne gemacht, „IV“ klang insgesamt doch etwas arg dumpf und überhallt, „The Oracle“ macht durchgängig Druck und klingt wieder nach viel Geld. Insgesamt ist „The Oracle“ also erneut ein durchaus wertiges Rockalbum, dass die Band sich vom aus meiner Sicht richtigen Schritt hin zur gesteigerten Abwechslung und Vielfalt wieder verabschiedet hat, ist allerdings etwas schade. Das Gefühl, trotz ansprechender Musik irgendetwas zu vermissen, lässt sich für mich nicht ganz leugnen.
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