Nur wenige Bands haben den Begriff ‚Industrial‘ so stark geprägt wie GODFLESH. Zahlreiche Bands wurden durch ihren extremen Sound inspiriert. Doch gemessen an ihrem Stellenwert hält sich ihr Bekanntheitsgrad stark in Grenzen. Dabei haben sie seit über einer Dekade den stetigen Wandel vollzogen ohne jemals vom Stil her die Trademarks aufzugeben.
So auch auf dem aktuellen Album „Hymns“. Wieder einmal definieren sich GODFLESH neu und bleiben ihrem eigentlichen Sound dennoch treu. Hier drückt sich der Industrial nicht durch elektronische Klanggebilde, sondern durch Minimalismus auf ganzer Linie aus. Im Gegensatz zum Vorgängeralbum „Us And Them“ wird fast vollständig auf Samples und Loops verzichtet. GODFLESH fokussieren sich auf das Wesentliche und reduzieren diesmal die Instrumentierung auf Vocals, Gitarre, Bass und Drums. Und dennoch schaffen sie eine unterkühlte und niedergeschlagene Atmosphäre.
Auch das Songwriting ist stripped down bis auf den blanken Knochen: keine Schnörkel, keine komplexen Strukturen. Stattdessen regieren noisige Gitarrenriffs und die mächtige Monotonie der Rhythmusgruppe. Nur spärlich lassen sich GODFLESH ein paar Melodien entlocken („Anthem“, „Regal“), wobei diese mit den oben genannten Elementen harmonieren. Auffällig sind die Parallelen zu PRONG. Zum einen schwingt deren ehemaliger Drummer Ted Parsons auf diesem Output die Stöcke, zum anderen stieß auf der hierauf folgenden Tour Ex-PRONG-Bassist Raven zum GODFLESH-Kader. Und auch musikalisch waren sich beide Bands nie näher, auch wenn sie bereits zuvor in einem ähnlichen Metier agierten. Bis auf Tommy Victor ist dies sozusagen die Teil-Reincartion von PRONG. Auch wenn nicht die Klasse von PRONG’s „Cleansing“ erreicht wird, wer auf jenes Album steht wird zumindest eine ähnliche Grundstimmung auf „Hymns“ wiederfinden, man muß nur dem ganzen die Zeit geben, um es auf sich wirken zu lassen. Schliesslich ist „Hymns“ (wie all ihre Alben zuvor) wieder ein schwerverdaulicher Brocken geworden. Wieder einmal haben sie blanke Verzweiflung und urbane Tristesse auf Tonträger gebannt. Und genau diese ‚angenehm unfreundliche‘ Atmosphäre stellt den Reiz dieses Tonträgers dar und dürfte nicht bei jedem im gleichen Maße seine Wirkung erzielen.
Kein überragendes oder gar schönes Album. Dafür aber eines, das sehr eigen ist (was heutzutage selten genug vorkommt). GODFLESH-Fans dürften sich eh dieses Teil bereits guten Gewissens zugelegt haben.
Der würdige Abschied dieser einmaligen Band. Kaum eine Band hat dieses Genre und andere Musiker (wie zB DEVIN TOWNSEND, FEAR FACTORY, PITCH SHIFTER etc) mehr geprägt als GODFLESH. Auf "Hymns" gibt es echte Drums von ex-SWANS-Mann Ted Parsons und trotzdem klingt alles tapisch nach GODFLESH: Die Songs sind hart, roh und ergreifend. Die Produktion ist schön fett und deutlich, wobei eine gezielte Portion Matsch für das verträumte Feeling erhalten bleibt. GODFLESH sind tot, lang lebe JESU!