God Macabre - The Winterlong

Review

Abgesehen von sechs, sieben großen Namen finden haufenweise begeisternde Bands des frühen schwedischen Death Metal heutzutage außerhalb des kleinen Kreises der Szene-Enthusiasten keinerlei Beachtung mehr – CARBONIZED, CEREMONIAL OATH, DESULTORY, FURBOWL, LIERS IN WAIT, (alte) THERION und wie sie nicht alle heißen. Was nicht neu ist, braucht heutzutage offenbar niemanden mehr zu interessieren. Warum auch nur ein wenig suchen, wenn man doch die frisch erschienene ARCH ENEMY mit der kürzlich noch mal verjüngten Alten direkt vorgesetzt bekommt? Nun ja … Gäbe es eine Liste der am sträflichsten übergangenen Schwedentod-Formationen, würden GOD MACABRE ganz sicher einen der vorderen Plätze belegen. Erst Ende 1993, nachdem die vier Jungspunde aus Vålberg schon wieder getrennte Wege gegangen waren, veröffentlicht, wurde ihr einziges Album „The Winterlong“ bereits ganze zwei Jahre zuvor im Stockholm-Death-Metal-Heiligtum Sunlight Studio aufgenommen – zur absoluten Hochphase der Bewegung. Und schon 1990 hatte sich das Quartett mit dem Demo „Consumed By Darkness“ – noch unter dem Banner MACABRE END – die ersten Sporen verdient.

Relapse Records kombiniert auf seiner Wiederveröffentlichung nun Album und Demo; zudem gibt es mit „Life’s Verge“ nach stolzen 23 Jahren ein komplett neu aufgenommenes Lied aus der GOD MACABRE-Feder. Der gemeine Death-Metal-Konsument wird es der Plattenfirma danken, musste man für eine sehr gut erhaltene „The Winterlong“-Erstauflage von M.B.R. Records schließlich seit Jahren dreistellige Euro-Beträge auf den Tisch legen. Doch was macht das nur 28 Minuten lange und sieben Lieder – zwei davon Instrumentals – umfassende Werk so begehrt? Oder anders gefragt: Rechtfertigt es diese Preise musikalisch? Grundsätzlich unterscheidet sich „The Winterlong“ kaum vom durch den Boss-HM-2-Kreissägen-Klang geprägten, brutalen Stockholm-Geschredder von Meilensteinen wie „Left Hand Path“, doch als wäre das nicht schon Kompliment genug, mischen GOD MACABRE jenes auf engstem Raum noch etwas auffälliger mit dunkel-melodischen bis doomigen Passagen. Auch letzte Grindcore-Überbleibsel aus der 1988er-Embryonalphase, als man unter dem Namen BOTTEN PÅ BURKEN lärmte, sind noch auszumachen. Schwedentod-Lehrstücke wie „Into Nowhere“ oder „Ashes Of Mourning Life“ verfügen mit dieser Vielfalt über unglaubliche Zweikampfwerte, pulverisieren auch heutzutage noch 999 von 1000 Liedern, die ihnen blöd kommen wollen. Und selbst die beiden kurzen Instrumentals sind mitnichten verschämte Lückenfüller, sondern willkommenes atmosphärisches Zierwerk. Hier passiert in weniger als einer vollkommen stimmigen halben Stunde einfach so viel, dass man sich schwerlich satthören kann.

Leider konnte man sich auch bei dieser Wiederveröffentlichung nicht verkneifen, am Original herumzupfuschen und hat das gesamte Material remastert. Tja, das muss man heutzutage wohl leider einfach hinnehmen, wenn man nicht bereit ist, Unsummen für Erstveröffentlichungen rauszuhauen. Die drei Demo-Stücke sind übrigens von ähnlich hoher Qualität wie die des Albums, sogar noch eine Idee räudiger eingeprügelt und tiefer herausgegrunzt. Sogar das 2013 aufgenommene „Life’s Verge“ macht einen angenehm motivierten Eindruck und beweist, dass die kürzlich auferstandenen GOD MACABRE auch heutzutage noch liefern können.

Selten war die Bezeichnung „Kleinod“ so treffend wie für GOB MACABREs einziges Langeisen, wohl ohne Übertreibung eine der 20 essentiellen Elchtod-Veröffentlichungen. Also, liebe Death-Metal-Neulinge und -Ewigsuchende, spart euch die Euronen, die ihr für irgendwelchen halbgaren Retro-Krempel hinausblasen würdet, und nutzt stattdessen die Gelegenheit, euch mit „The Winterlong“ eine echte vergessene Perle aus der goldenen Zeit des extremen Metal zuzulegen, den Geist vergangener Tage zu spüren.

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12.06.2014

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