Go Ahead and Die - Unhealthy Mechanisms

Review

Soundcheck Oktober 23# 15

Dass verschiedene Meinungen zu Veröffentlichungen entstehen, gehört zur Natur der Sache. Auch wenn wir manchmal so tun, als wären unsere Ausfertigungen allumfassend, sind sie letztlich auch nur das Ergebnis subjektiver Wahrnehmung einer Platte. Entsprechend kann unsereins zum Beispiel im Gegensatz zu gefühlt dem Rest der Redaktion nicht mehr viel dem abgewinnen, was Max Cavalera mit SOULFLY seit „Prophecy“ so abfeuert. Als er und Sohnemann Igor Amadeus Cavalera dann aber mit dem Nebenprojekt GO AHEAD AND DIE, offenbar eine Herzensangelegenheit seines Sohnes, anschickten, mehr in Richtung Death Metal zu gehen, war unsereins doch gewillt, dem ein Ohr zu leihen. Der selbstbetitelte Vorgänger wurde vom Vorredner doch recht positiv aufgenommen, kann mich die Band mit „Unhealthy Mechanisms“ vielleicht doch zurück in den Cavalera-Kult holen?

Eigentlich hat „Unhealthy Mechanisms“ Potential

Die Antwort lautet bedauerlicherweise Nein, aber das dürftet Ihr Euch, verehrte Leser, angesichts der hier angehefteten Bewertung meiner Wenigkeit schon gedacht haben. Mehrere Probleme kristallieren sich hier recht zügig heraus. Die Prominentesten davon sind Songwriting, Produktion und die Riffs. GO AHEAD AND DIE geizen mit Übergängen zwischen Riffs bzw. Motiven und die Songs weisen damit selten so etwas wie Kohäsion vor. Oder aber die Songs sind nicht krank genug in Szene gesetzt, um den Mangel an Übergängen glaubhaft zu verkaufen. Dabei beginnt „Unhealthy Mechanisms“ sogar vielversprechend mit dem mehr als brauchbaren Opener „Desert Carnage“, dem die viel zu fuzzige und dadurch matschig wirkende Produktion zwar nicht hilft, der aber ohne Rücksicht auf Verluste nach vorne prescht. Das macht Hoffnung – erweist sich aber als einer von wenigen Glückstreffern.

GO AHEAD AND DIE wehren sich mit fast schon beeindruckender Sturheit dagegen, irgendetwas außer simple Standard-Riffs aus dem Stockholm-, Florida- und BOLT THROWER-Fundus zusammen zu pappen. Das monotone Gebell der Cavaleras macht’s leider nicht besser. Übergänge sind eher Mangelware, zu Beginn von „Tumors“ leitet der anfängliche Downtempo-Schrubb-Part mal ganz nett in einen treibenden Groove über. Offenbar hat die Band bemerkt, wie gut das klingt und macht das Exakt Gleiche später im Song noch mal, wo es aufgrund der Repetition dann schon wieder regressive Wirkung hat. Dann kommt noch ein abrupter Tempowechsel in flotteres Territorium aus dem Nichts, der jedoch nicht das Blut kochen lässt, sondern einfach nur unbeholfen da rein gehievt wirkt.

GO AHEAD AND DIE fehlt dafür jedoch zu oft der rote Faden

Damit ist im Grunde beschrieben, was auf „Unhealthy Mechanisms“ schief läuft: Die Band lässt in ihren uninspirierteren Momenten kaum einen roten Faden in ihrem Songwriting erkennen. Dadurch lassen die Herren Songs mit Potential wie das eigentlich recht forsch vorpreschende „No Easy Way Out“ wie eine lahme Zurschaustellung von Aggression aussehen. Der abrupte Schluss des Songs mitten im Takt, mitten im Riff mit dem Geräusch einer Tür, die sich schließt, ist da absolut symptomatisch. Wie sehr dieser rote Faden hier fehlt, merkt man, wenn der Band in „Chasm“ dann doch mal so etwas wie einen „Song aus einem Guss“ gelingt. Die Riffs sind jetzt nicht überragend, aber wenigstens gelingt es den Cavaleras hier mal, einen halbwegs kohärenten Track zu produzieren. Gleiches gilt auch für „Blast Zone“.

Man spürt den Unterschied zwischen den Lichtblicken auf „Unhealthy Mechanisms“ zu dem ansonsten eher halbherzig zusammengetackert wirkenden Stücken, sodass der Hörfluss ähnlich flüssig verläuft wie der Verkehr um Köln herum zur besten Morgen- oder Feierabendstunde und der Finger dadurch immer bedrohlich über der Skip-Taste schwebt. Das Ergebnis: „Unhealthy Mechanisms“ ist zerfahren. Ein paar Highlights gibt es, neben den positiv hervorgehobenen Tracks kann auch der abschließende Titeltrack was, der möglicherweise so ein paar VULCANO-Vibes durchscheinen lässt. Aber meist ist das Album aufgrund seiner Zerfahrenheit nur langweilig und fordert zu wenig Aufmerksamkeit auf Hörerseite aufgrund seiner wahlloseren Momente.

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12.10.2023

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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1 Kommentar zu Go Ahead and Die - Unhealthy Mechanisms

  1. elLargo sagt:

    Micha, du bist ein toller Rezensent. So viele Platten hast du bewertet und mir damit aus dem Gehör gesprochen. Nur… vielleicht solltest du kein Review schreiben zu Veröffentlichungen denen gegenüber du voreingenommen oder gar abgeneigt bist.

    Ich höre auf jedenfall mal rein. Alle bisher veröffentlichten Songs klangen besser als die erste Platte 👍🏻😌