Gluecifer - Farewell To The Kings Of Rock

Review

Sie hätten so groß werden können. 2005 war nahezu jedes GLUECIFER-Konzert ausverkauft. Sie waren die ersten die Punk, Rock und Arsch wieder zusammenführten. Die absoluten Chefs des Skandinavienrock. Arbeiteten sich von autonomen Jugendzentren hoch zu Touren, wie sie zuletzt QUEENS OF THE STONE AGE spielten. Am 14.10.2005 sollte das letzte Konzert steigen. Dann: Schicht im Schacht. Aus, vorbei. Normal im Rock. Auch wenn sie nie zu den ganz Großen avancierten, sind sie doch zum Referenzmodell anderer, viel berühmterer Bands geworden. Kurz: sie waren großartig! Eine DVD liefert nochmals stichhaltige und ernstzunehmende Beweise.

GLUECIFER spielten ihren letzten Gig in ihrer Heimatstadt Oslo. Dass dies ein triumphaler Abgang vor einer frenetischen Kulisse werden würde, war klar. Matten schwingen, Fäuste schütteln und jeder Refrain wird von Beginn an aus tausend Kehlen mitgesungen, eine perfekt inszenierte Show. Viel wichtiger, dass auch die Setlist des Konzertes und damit auch dieses Homeentertainment-Rohlings mit einem durchgängigen 22-Track-Best-Of nicht wirklich, ja keine Wünsche offen lässt, finden sich darunter doch seltenere Perlen wie „Gary O‘ Kane“ von der gleichnamigen, gesuchten EP auf Man’s Ruin. Im Laufe von zwei Stunden macht die mitreißend aufspielende Band noch einmal deutlich, wie viele Hits sie uns nach den elf Jahren ihrer Karriere doch hinterlässt. Neuere Sachen wie „Here Come The Pigs“ und „A Call From The Other Side“ werden vom Publikum genauso dankbar abgefeiert wie die alten Schätzchen „Rockthrone“, „Bossheaded“ oder „Get The Horn“. Und mit den genialen „Shaking So Bad“ und „Easy Living“ sowie „The Year Of Manly Living“ und „I Got A War“ lassen auch die erklärten Lieblingssongs von Biff Malibu und Chef-Gitarrist Captain Poon nicht lange auf sich warten.

Vom ersten Moment an ruht die Aufmerksamkeit, die Kameraeinstellung, auf Sänger Biff Malibu, dessen in feinen Zwirn gehüllten Körper den treibenden Beat internalisiert und mit einem breiten Repertoire von Moves und Posen ans Publikum weiterreicht. Sein deklamatorischer Gesang erdet den stampfend-treibenden Beat, die grobschlächtigen Gitarren, deren Riffs schon immer Keith Richards und Dave Davies abgelauscht wurden. Ohne die Inbrunst von Malibu – das muss hier noch einmal festgehalten werden – wäre die mitreißende Atmosphäre bei ihren Auftritten nicht möglich gewesen. Auch an diesem Abend in Oslo nicht. Herausfordernd komisch, selbstbewusst sexy, so, wie heterosexuelle Männer sonst nur heimlich vorm Spiegel tanzen, beschwört Malibu die Verschmelzung von Musik, Band und Publikum. In vielen Augenpaaren glitzern stumme Tränen der Begeisterung, der Rührung, des Abschieds.

Sowohl der Ton als auch die Aufnahmequalität kann kritiklos hingenommen werden: reines und zugleich rotzig-feuchtes Soundbild, eine Dialektik aus schillernder Schmutzigkeit und klar funkelndem Krawall. Der Sound ist krachig, verschwommen und soll manchmal wohl absichtlich die Akustik einer alten Wellblechgarage nachvollziehen – GLUECIFER spielen so herrlich-virtuos stumpf, auf so bewundernswert selbstreflexiv-reife Weise kindisch, dass es für jeden Freund von Rock’n’Roll eine Freude ist, ihnen dabei unmittelbar auf die Finger schauen zu dürfen. Nur dass man als Bonus in etwa die gleiche Promoclip-Auswahl vorgesetzt bekommt, die man schon von der 2004 veröffentlichten „Royally Stuffed“-DVD her kennt, trübt das ansonsten positive Fazit. Ein letztes Interview mit der Band, ein Blick hinter die Kulissen wären von Interesse und äußerst wünschenswert gewesen. Keine Frage: Hier war ein Publikum Zeuge eines besonderen Oktoberabends geworden, bei dem heftige Energielinien zusammenflossen. Davon kann man sich nun immer wieder überzeugen.

23.12.2008

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1 Kommentar zu Gluecifer - Farewell To The Kings Of Rock

  1. Lord Tiruvor sagt:

    Ja, schön gesagt, leider erfüllt das neue Album nicht mehr die Erwartungen 🙁

    9/10