Gladenfold - When Gods Descent

Review

Soundcheck Mai 2019# 21

Fällt das Stichwort Epic Metal, zuckt der ein oder andere geneigte Leser vermutlich erst einmal zusammen. Mit Keyboards und teilweise sogar Orchester aufgeblasene Arrangements, in die verschiedene Stilrichtungen des Metal eingearbeitet werden, polarisieren – man liebt es oder man hasst es. Die fünf Finnen von GLADENFOLD dürften genau in diese Kategorie fallen, da man sich auch auf dem zweiten Album „When Gods Descent“ nicht scheut, das Songmaterial in ein Korsett aus purem Bombast zu zwängen. Die Trve-Fraktion darf also schon einmal die Messer wetzen.

GLADENFOLD – Quietschbuntes Synthie-Gedudel

Im Gegensatz zu Bands wie EQUILIBRIUM oder in Teilen auch WINTERSUN, die sich ebenfalls den epischen Klängen verschrieben haben, beschränkt sich der Metal-Anteil bei GLADENFOLD nicht im Wesentlichen auf Melodic Death, vielmehr haben die Herren aus Turku auch einen auffälligen Hang zu quietschbuntem Power Metal. Der zeigt sich bereits im Opener „The Descent Of Gods“ vor allem durch das Organ von Esko Itälä, der auch in einer Band wie FREEDOM CALL bestens aufgehoben sein dürfte, sich aber meist innerhalb seiner Komfortzone bewegt, also weder zu hoch noch sonderlich tief intoniert.

Eine Ausnahme bildet hier der spitze Schrei, der das schnelle „Brothers“ einleitet. Der mit knapp vier Minuten knackig kurze Song ist, dank eines extrem eingängigen Refrains, dann auch gleich einer der größten Ohrwürmer des Albums. Hier könnte jetzt stehen, dass die poppigen Melodien und der Gesang durch knackige Riffs unterstützt werden. Das Problem dabei: Welche Riffs? Ja, irgendwo in der klebrig-zuckerigen Sound-Masse sind da bestimmt welche, aber sie zu finden gerät zu einer echten Herausforderung. Manchmal gilt das sogar für die Lead-Gitarre. Dort, wo eigentlich ein Gitarrensolo sein sollte, gibt es hier nur reichlich Synthie-Gedudel.

Auch in „Immortalis“ dominiert von Beginn an wieder Keyboarder Paavali Pouttu und selbst im, diesmal eindeutig vorhandenen, Gitarrensolo erwischt man sich bei dem Gedanken zu überlegen, ob das gerade eine echte Klampfe ist oder auch die aus der Konserve kommt. Das erstaunlich aggressive Gekeife, das Fronter Esko ebenfalls recht gut beherrscht, sorgt hier für das einzige Bisschen Aggressivität. Zu Beginn von „Sanctuary Denied“ stehen dann tatsächlich einmal die Riffs im Vordergrund, die allerdings weder sonderlich originell noch besonders tight gezockt sind. Für Power sorgen sie jedenfalls nicht, was aber auch am wirklich grauenvollen Gitarren-Sound liegen mag. Flach und vor allem jeglicher Ecken und Kanten beraubt, kann hier von bratenden Gitarren nun wirklich nicht die Rede sein.

Die gelungene Akustik-Folk-Ballade „Ghosts Of Our Past“ sorgt zwischendurch wenigstens kurz für ein wenig Entschlackung und Gelegenheit, den Zuckerspiegel wieder auf ein halbwegs gesundes Maß zu reduzieren. Aber schon in „Unreligion“ ist das alles wieder vergessen, auch wenn man versucht mit reichlich Speed und Gekreische mehr auf Härte zu setzen. Warum um alles in der Welt muss da eigentlich das akustische Zwischenspiel auch noch mit künstlichen Sounds angereichert werden? Nach zwei ziemlich nichtssagenden Songs ist es dann Zeit für die „Last Goodbyes“ in Form einer unfassbar kitschigen Power-Ballade. Im Refrain verlangt der Protagonist danach, diesen Song für ihn zu spielen, bevor er stirbt. Der Rezensent hofft dabei inständigst, dass die musikalische Untermalung seiner letzten Minuten doch bitte anders klingen möge.

„When Gods Descend“ fehlt es an einer soliden Metal-Basis

Irgendwie ist es immer ein wenig unfair, einer Band, die Breitwand-Sound kreieren möchte vorzuwerfen, sie würde zu viel Keyboards und im allgemeinen zu viel Bombast verwenden. Darum geht es aber bei GLADENFOLD eigentlich auch gar nicht. Das eigentliche Problem: Da man eine Metal-Band sein möchte, sollte hier auch der entsprechende musikalische Unterbau stimmen. Und da hapert es leider doch deutlich. Wo Formationen wie BRYMIR immer wieder durch tolle Gitarrenarbeit glänzen und Synths in erster Linie nutzen, um diese Basis zu unterstreichen, hat man bei GLADENFOLD das Gefühl, dass hier und da etwas versteckt werden soll. Gute Soli haben vermutlich nicht ohne Grund eher Seltenheitswert und die heraushörbaren Riffs sind in den meisten Fällen eben doch bestenfalls langweilig.

Auf der Habenseite stehen vor allem Sänger Esko Itälä, der einen wirklich guten Job macht, und ein paar Songs mit hohem Eingängigkeitsfaktor. Um aus dem Durchschnitt herauszuragen oder möglicherweise gar das Niveau einer Band wie KAMBRIUM zu erreichen, ist das unter dem Strich deutlich zu wenig. Auch der furchtbare Gitarren-Sound verhindert hier eine höhere Wertung. Für absolute Fans dieser Stilrichtung vielleicht in Teilen empfehlenswert, geht „When Gods Descend“ ansonsten in der großen Masse durchschnittlicher Veröffentlichungen unter. Davon, dass hier Götter aus dem Himmel herabgestiegen wären, wollen wir lieber gar nicht erst reden.

17.05.2019

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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