Glückswald - Geschichten Aus Tenebrae

Review

Das bereits seit geraumer Zeit veröffentlichte Album wurde hauptsächlich vom Gezeitenfürsten, dem einen oder anderen vielleicht vom WUTOLM oder ähnlich kurzweiligen Projekten her bekannt, unter Mithilfe tatkräftiger Mitstreiter wie Nourdath hervorgebracht. Es ist das nunmehr zweite Werk dieses sonderbaren Projekts und wiederum nicht im Geringsten dazu geeignet, nichts Böses vermutende Zeitgenossen sanft in den Schlaf zu wiegen. In Kurzfassung: Harter Tobak.

Nein, die „Geschichten aus Tenebrae“ sind nicht diese Sorte umständliche, komplexe oder gar irrwitzig-verstörende Musik, die unbescholtenen Bürgern den letzten Nerv raubt und reihenweise musikalische Standards über den Haufen wirft. Keine Serielle Musik, keine Taktwechsel im Sekundenintervall und auch keine völlig abgedrehten Vierteltonskalen im Stile LIGETIs. Und dennoch behaupte ich, dass GLÜCKSWALD hiermit den meisten Hörern gehörig auf den Keks geht. Warum? Nun, die einfachste und den meisten Hörern wahrscheinlich am ehesten einleuchtende Erklärung wäre: GLÜCKSWALD macht schlechte Musik. Das kann man aber so nicht unbedingt stehen lassen und bedarf einer Korrektur; und genau deswegen sitze ich ja schließlich hier und schreibe diesen Artikel.

Zugegeben: Auch ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich mir die „Geschichten aus Tenebrae“ ohne mentales Kopfzucken in Richtung Tischplatte anhören konnte. Das allerdings nicht etwa, weil die Musik meinen Horizont übersteigt, sondern weil sie ihn im ersten Eindruck derart niedrig angeht, dass man sich fragt, wieso so etwas unbedingt auf CD gepresst werden musste. Da gibt es zu bestaunen: Minimalistische Synthesizermelodien, deren harmonische wie rhythmische Schemata selten gerne auch mal manch einer Tonleiterübung oder Etüde für Anfänger Konkurrenz machen, die zeitweise aber auch herrlich dissonant oder imposant tönen. Dazu ein ebenso simpel gehaltenes Schlagzeug, und fertig wäre die instrumentale Seite der „Geschichten aus Tenebrae“, der die schwachbrüstige Produktion nur im Sinne der spärlichen Instrumentierung, keinesfalls aber im Hinblick auf Atmosphäre gut tut: Im Klangvolumen gibt es noch viel Potential. Am gewöhnungsbedürftigsten ist wohl aber die Stimme des Gezeitenfürsten, die zwischen manischem Flüstern, seltsam gekrächztem Gesang oder Näseln umhertaumelt. Doch hat man sich einmal an die gewöhnt, geht einem das eine oder andere Licht auf, denn wie ich ja bereits erwähnt hatte, lässt sich dieses Werk nicht ganz so einfach abstempeln.
Beim Öffnen der Hülle empfängt den künftigen Hörer sogleich Poesie in Form von „Wer sein Werk nicht ordnet, gewährt dem Chaos Einlass. Schlagt ihn mit Stein und Eisen, seine Mängel brauchen Form“. Auch im weiteren Verlauf des Albums offenbaren sich lyrische Reminiszenzen an die Dark Project/Thief-Computerspiel-Reihe und ein ungewohnt dichterischer Einschlag, sodass die „Geschichten aus Tenebrae“ in ihrem Kern eher mit Musik unterlegte Erzählungen, fast hörspielgleich, sind und nicht so sehr als Musik mit lauter gleich stark vertretenen Komponenten begriffen werden dürfen, ja, begriffen werden können.

Ich denke nicht, dass dieses Werk viele enthusiastische Zuhörer finden wird, denn es bedarf einiger Gewöhnung, sich von der instrumentalen Seite der Musik, die manchmal doch recht dünn ausfällt, ab- und der lyrischen Seite zuzuwenden. Der eine oder andere fragt sich da eventuell, ob man das nicht einfach in Textform veröffentlichen hätte können? Nun, im Grunde nicht. Zusammen mit der Musik erzeugt der vokale Teil eine etwas seltsame Atmosphäre, häufig durch Abwesenheit glänzend, manchmal fesselnd, des öfteren abschreckend oder anwidernd, aber immer eigenständig. Genau aus diesem Grund vergebe ich hier auch keine Bewertung in Punkten. Und dann gibt es ja immer noch die Mehrheit, die GLÜCKSWALD einfach schlecht findet.

15.10.2007

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1 Kommentar zu Glückswald - Geschichten Aus Tenebrae

  1. incrediblelost sagt:

    hmm gutes review

    hab die cd vor ein paar monaten gekauft und finde das alles sehr strange…irgendwie verstehe ich das auch nicht wirklich

    was genau will der gezeitenfürst eigentlich mit glückswald sagen? nicht, das es schlecht ist, aber dieser ganze mythos um glückswald und um ihn nervt nur noch rum.

    und was hat er nun genau mit den grabnebelfürsten zu tun?

    egal wen ich frage
    ich kriege nie eine konkrete antwort

    bin mal gespannt
    angeblich soll er sich wieder in der berliner rockszene rumtummeln, werde auf alle fälle konzerte besuchen in denen er mitwirkt und ihn persönlich ansprechen

    5/10