Der Begriff „Post Rock“ wird in Kombination mit der englischen Stadt Sheffield viele Anhänger des Genres vermutlich an 65DAYSOFSTATIC denken lassen, die 2013 mit „Wild Light“ ohne Zweifel ein Highlight elektronisch angehauchten Post Rocks veröffentlichten. Es gibt in Sheffield jedoch auch GILMORE TRAIL, die mit „The Floating World“ ihr zweites Album vorlegen und zumindest in erster Näherung gewisse Ähnlichkeiten zu 65DAYSOFSTATIC aufweisen: So ist man ebenfalls zu viert und ausschließlich instrumental unterwegs.
Das war es dann aber auch schon mit vermeintlichen Ähnlichkeiten – innerhalb des weiten Feldes, das der Post Rock dem kreativen Kopf zum Beackern bietet, sind GILMORE TRAIL dann doch in einer ganz anderen Ecke beheimatet. Der vorliegende Achttracker besitzt deutlich stärkere Berührungspunkte mit psychedelischem Rock (PINK FLOYD lassen grüßen), Progressive Metal (man höre sich mal diese Basslinien an!), hier und dort sogar Post Metal oder gar Sludge („Ballard Down“ wartet beispielsweise mit überraschend schweren Gitarren und einigen Noise-Versatzstücken auf).
Dabei ist es GILMORE TRAIL offenbar sehr wichtig, ihrer Musik sehr viel Dynamik zu verleihen – und hier kann die instrumentale Ausrichtung natürlich Fluch und Segen sein. In der Tat loten die vier Musiker die Extreme aus, indem sie an einigen Stellen durch Laut-Leise-Kontraste und feine Akzente in der Instrumentierung zwar eine filigrane Dynamik erzeugen, insgesamt aber einfach zu zäh agieren, um über die vollen knapp 61 Minuten spannend zu bleiben. „The Floating World“ kommt mit „Memories Of Redfern“ trotz der feinen 7/8- und 11/8-Takte nur schwer in Gang und kann das bereits dort spürbare Trägheitsmoment nie ganz ablegen. Daran ändert auch der wunderbar warme und – trotz des für Post Rock so typischen Reverbs – differenzierte Klang nur wenig.
Die genannten Kritikpunkte sind natürlich Nörgelei auf hohem Niveau – machen „The Floating World“ aber zu einem Album, das zwar sehr zu unterhalten weiß, nicht aber zu den Glanzlichtern des Genres gehört. Wer so etwas wie eine „Sheffielder Schule“ des Post Rocks gründen möchte, ist mit 65DAYSOFSTATIC sicher besser beraten; wer nach stilistisch vergleichbaren Highlights sucht, wird eher mit „Eight Horses“ der chinesischen WANG WEN fündig.
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