Na da sieh einer an, die kennt man doch! Eric Hersemann und Randy Piro jr., beide ehemals bei HATE ETERNAL tätig, wurden wohl der Dauerprügelei überdrüssig und wollten etwas ganz anderes machen. GIGAN heißt das Kind also und mit “The Order Of The False Eye“ legt man ein Debüt vor, dass musikalische Extreme mit psychedelischen Soundlandschaften kombinieren soll. Dieses Album ist weit weg von krankhaft chronischem Blastgebrauch, weit weg von konventionellen Harmonievorstellungen – und gerade deswegen werden sich viele Hörer erstmal die Haare raufen, wenn sie in Berührung mit den Klängen kommen, die Eric und Co. hier aus den Boxen jagen.
Nach vierzig Minuten endet das eigentliche Album, danach fegt ein zwanzigminütiger, auf den ersten Blick strukturloser Klangsturm über die hinweg, die es bis dahin ausgehalten haben. Aber allein die erste Ladung hat es in sich: hektische, polyrhythmische, sprunghaft den Takt wechselnde Drums auf der einen Seite, auf der anderen stehen abgefahrene Gitarrenwichsereien, die so weit von klassischen Leads und Soli weg sind wie die Sonne vom Zentrum der Milchstraße (und auch dementsprechend anstrengend zu hören). Der Gesang erinnert am ehesten an Jeff Walker von den unsterblichen CARCASS, jedoch ein wenig tiefer. Spätestens bei “Imprisoned Within Duality“ zeigt man den Jungs den Vogel oder entfernt die Scheibe ganz aus dem Player.
Stop. Aufgegeben wird nicht! Nochmal anhören, diesmal ein wenig weiter. Eine leichte Verwandtschaft zu CRYPTOPSY wird festgestellt, die Songs fügen sich plötzlich ein wenig logischer zusammen und die Gitarren bekommen trotz mörderischen Frickeleien seltsamerweise Sinn und Gehalt! Obwohl diese meist nur aus Effektspielereien und Spieltechniken bestehen, die gegen alle Normen verstoßen, so ist sehr bald klar, dass hier absolute Meister des Fachs tätig sind. Wieder ein Fall von Musik, die eher für den Kopfhörer gedacht ist und mit jedem Durchlauf wächst. Trotz aller Hektik erzeugt das Album eine Atmosphäre, die ihresgleichen sucht. Keine Finsternis, keine Fröhlichkeit, keine Nachdenklichkeit oder Melancholie hat Platz im Sound von GIGAN, nur MESHUGGAH könnten noch als Vergleich herangezogen werden. Verwirrung, Chaos, Surrealismus und ein sehr eigenwilliger Humor (wenn es denn einer ist) verleihen diesem Album das gewisse Etwas.
Trotzdem ist ein vollständiges Durchhören nicht immer möglich, da die Dissonanzen und Rhythmuswechsel gelegentlich an den Haaren herbeigezogen wirken. Das Niveau einiger hervorstechender Songs wie dem erwähnten “Imprisoned Within Duality“ oder dem darauffolgendem “Hiding Behind The House Of Mirrors“ wird nicht immer gehalten – und das ewige „Outro“ hätte ruhig nur halb so lang sein können. Macht aber letztendlich nichts, Fans abgedrehter Musik bekommen hier neues und überaus gehaltvolles Futter, Personen mit gemäßigterem Geschmack dürften sich an GIGAN die Zähne ausbeißen. Mahlzeit!
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