Get Your Gun - The Worrying Kind (Digipak)
Daniel Mudra 
Wer als Liebhaber der schwereren, melancholischen musikalischen Gangart abseits von rasierklingenfixiertem DSBM sein (Un)Heil suchen sollte, könnte bei den Dänen GET YOUR GUN schnell seinen persönlichen Diamanten finden. Deren Debüt „The Worrying Kind“ liegt in umliegenden Landen schon seit einer ganzen Weile in den Plattenläden aus, nun endlich findet dieser Bastard aus Folk, Blues, Stoner, Post Rock, Heavy Dark wasauchimmer seinen Weg in den deutschen Musikhandel. Was erwartet den Hörer bei dem Machwerk der Gebrüder Westmark, die schon seit der Bandgründung 2008 daran gewerkelt haben? Primär eine niederschmetternde Ladung Schwere.
Der Einstiegstrack „Black Book“, zu dem auch ein Musikvideo gedreht wurde, startet mit einem markanten Mid-Tempo-Riff, erfährt eine kurze Entspannung und plötzlich – Implosion. Andreas Westmark jault auf, die Instrumente überlagern sich. Ein passender Einstieg für das Album. Auf diesen knapp vierzig Minuten treffen sich die Rastlosigkeit von ursprünglichem Rock, die Energie amerikanischen Folks und die nordische Melancholie zu einem beklemmenden Stelldichein. Immer wieder wechseln GET YOUR GUN zwischen musikalischer Entspannung und aufwallenden Emotionen.
So sind die beiden Tracks nach dem Einstieg sehr ruhig gehalten, „Sea Of Sorrow“ klingt in einigen Momenten gar fröhlich, man stelle sich das vor. Und dann kracht’s bei „Staying For A While“ wieder. Die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm ist das Hauptwerkzeug der Dänen, wie es scheint. „Call Me Rage“ ist die letzte Verausgabung der Musiker, selbst ihre Instrumente scheinen unter den Tönen zu leiden. Mit „Tender Lies“ haucht das Album schließlich langsam seinen Atem aus, die letzten Klänge verlieren sich im Nirgendwo. Wer sich von dieser Kaskade an Variationen nicht berauschen lassen kann, ist nur zu bemitleiden.
Es fällt mir nicht ansatzweise schwer, eine ungeschnörkelte Empfehlung für „The Worrying Kind“ auszusprechen. GET YOUR GUN liefern mit ihrem mitreißenden Stilmix einen bedrückend passenden Soundtrack zum düsteren Spätherbst. Freunde dieser musikalischen Eigenart können deshalb bei der Wertung hundertprozentig noch einen Punkt drauflegen. Einzige Warnung für den interessierten Hörer: Auf keinen Fall vor einer Party anhören, die Platte könnte die Entwicklung von Feierstimmung in empfindlichem Maße dämpfen. Wie man mit dieser Musik schon jetzt einhundertundsechzig Liveauftritte bestreiten konnte, ohne dass der Besucher erschüttert aus der Halle stolpert, wird vermutlich auch weiterhin im Nebel verborgen bleiben. Welch ein Debüt…
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