Genghis Tron - Dead Mountain Mouth

Review

Nach der sehr schmackhaften Debüt-EP folgte am „international anti-christ-day“ (06-06-06) die Debüt-Langrille. Und gleich am Anfang wird klar, wo der Bergsteigerhammer hängt. Krankes Geballer und Zerfetzerriffs, dazu Breakbeat-Samples, Synths mit 8-Bit Lo-Fi-Flair, eine kleine Melodie und abartiges Gekreische. Zurückgesteckt haben drei Amis also keinen Millimeter.

Was die Songs im Vergleich zu jenen der EP unterscheidet, ist ihre Komplexität und ihre Länge. Mit 3 bis fast 5 Minuten erreicht man für die streckenweise gefühlte Überschallgeschwindigkeit fast schon epische Dimensionen. Das liegt daran, dass GENGHIS TRON es bewusst vermeiden, ihre zehn Kompositionen allzu sehr mit Hochgeschwindigkeit zu überstrapazieren.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist, dass alle Songs miteinander verknüpft wurden, ineinander übergehen und somit das Album als etwas Ganzheitliches gestalten.

Die Gesamtlänge des Albums scheint auf den ersten Blick nicht berauschend viel zu sein – manche Bands nennen sowas nicht mal ‚Minialbum‘. Andererseits ist dieses extreme Wechselbad der Gefühle, welches „Dead Mountain Mouth“ verkörpert, diese krassen Wechsel musikalischer Stimmungen auch nicht gerade leicht zu ertragen. Eine 12-Minuten-EP wie „Cloak Of Love“ übersteht man jedenfalls noch leichter, als ein Album mit fast dreifacher Länge. Dass man ein offenes Herz für tonale wie atonale Experimente hat, ist schon selbstverständlich, aber nicht ausreichend: Es bedarf schon eines bestimmten, innerlichen Zustandes, damit solch extreme Musik auch ihre Wirkung beim Hörer voll entfalten kann – sonst droht nämlich sehr schnell bewußtes Abschalten und Genervtheit. Das trifft natürlich nicht auf GENGHIS TRON alleine zu, sondern ist ein Problem (aber auch Herausforderung) von vielen anderen extremen Bands, die in eine ähnliche Kerbe schlagen.

So sehr ich diesen akustischen Terror auch liebe – wirklich genießen kann ich ihn nicht immer. Man muss dazu aufgelegt sein, und dann entsteht dieser Wirbelsturm aus Adrenalin und Dopamin. Dann will man diesen Gipfel erklimmen, wo sich die Bergsteiger aus dem Grindcore, Death Metal, Hardcore, Alternative Rock, IDM, Gabba, Synth-Pop und schieß-mich-tot treffen. Ein fröhliches Happening für Extrem-Audio-Sportler.

„Dead Mountain Mouth“ ist innovativ, extrem und enttäuscht auf keiner Stilebene. GENGHIS TRON verbauen nicht mal eben ein paar Effekte und Elemente, nur weil sie sich grad anbieten oder weil grad nichts besseres zu finden ist. Wer ein Faible für Abgedrehtes, Wahnsinniges und allem hat, was sich fernab von Normen und Regeln befindet, wird angenehm überrascht sein, wie natürlich die Songs und die Musik von GENGHIS TRON erscheinen. So als wäre es das Normalste der Welt. Dabei ist es wohl eher der alltägliche Wahnsinn, der sich hier ausdrücklich Gehör verschafft.

23.02.2008
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